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Stromausfall

Ja, man kann auch mitten im vietnamesischen Dschungel das WM-Halbfinale schauen. Wenn der vietnamesische Dschungel sogar Internet hat, dann ist das ja sogar fast eine Selbstverständlichkeit. Unglücklicherweise ist die Situation in Vietnam derzeit allerdings die folgende: Es hat seit Wochen nicht geregnet. Die Wasserkraftwerke sind am Limit. Die Regierung schaltet reihenweise in Provinzen übergangsweise den Strom ab. Auf dem Land bis zu 14 Stunden – und selbst in Hanoier Zentrum gerne mal 1-2 Stunden.

Besonders schlimm waren Mai und Juni. In den vergangenen Wochen hatte sich die Lage wieder etwas entspannt, auch wenn nicht genau klar ist, warum, denn geregnet hat es bis heute nicht. Also so richtig.

Deswegen also: Ungestörtes Halbfinale. In einem Dorf, das nur aus einer einzigen Straße besteht. Um 1 Uhr nachts füllt sich plötzlich die Dorfkneipe. Halbzeit.

Der Strom fällt aus. Pünktlich zum Wiederanpfiff. Ausgerechnet. Die Lösung: Das einzige Hotel im Dorf, das einen Generator hat (ironischerweise: das eigene Hotel, in das man erst von der Dorfkneipe aus wieder zurücklaufen muss).

Fazit: Auf diese Halbzeit hätte ich lieber verzichtet. Vietnamesischer Dschungel bei Stromausfall war eigentlich viel schöner.

Ersatzbespaßung

Ich hatte lange Zeit keinen Stromausfall mehr. Damit gehöre ich zu einer glücklichen Minderheit von Bewohnern in Vietnam, die in einem Stadtviertel leben, das aus irgendwelchen Gründen relativ regelmäßig Strom bekommt.

Heute morgen war es dann wieder so weit. Der Strom in unserem Gebäude, so klärt ein Aushang auf, wird von 8 Uhr morgens bis 17 Uhr abends abgeschaltet sein. Kein Internet, kein Licht, keine elektrischen Geräte. Es sagt sicherlich etwas darüber aus, wie lange ich mittlerweile schon in Vietnam lebe, dass ich das alles völlig gelassen hingenommen habe. Dann wird das Wasser für den Tee eben auf dem Herd gekocht (und der Herd ist in Vietnam selbstverständlich ein Gasherd, deswegen funktioniert er auch ohne Strom). Ich wollte zwar eigentlich zu Hause arbeiten, aber dann fahre ich halt heute ins Büro. Oder gehe in eines der Cafés in der Innenstadt und arbeite von dort aus.

Alles halb so wild.

Wenn da nicht die Lokalverwaltung gewesen wäre, die offenbar der Meinung war, wenn die armen Bewohner schon kein Fernsehen und kein Radio haben, dann ist das ja genau die richtige Gelegenheit, um sie mit revolutionärer Marschmusik, schmalzigen Heimathymnen und Lobliedern auf die Partei zu beschallen, und nebenbei noch ein paar Passagen über die korrekte Vermeidung Sozialer Übel vorzulesen – nur für den Fall dass die Bevölkerung die vergangenen Dutzende von Lese-Terminen frühmorgens um halb Sieben verpasst hat. Man weiß ja nie. Werfen Sie also bitte keinen Abfall auf die Straße, liebe Anwohner. Und jetzt Musik.

Ich bin so unglaublich gelassen, weil ich schon so lange in Vietnam lebe?

Von wegen.

Sonnenschein statt Sturm

Ich habe auch durch meinen beruflichen Einsatz einige Freunde auf den Philippinen, und bin dementsprechend betroffen von der Verwüstung dort. Die Schneise, die der Wirbelsturm Haiynan geschlagen hat, führt direkt an einigen Inseln vorbei, auf denen ich auch schon beruflich oder privat war.

Was Vietnam angeht entpuppte sich Haiyan allerdings eher als Sturm im Wasserglas. Er war heftig, aber bei weitem nicht so monströs wie die Vorberichte dazu, die einen glauben ließen, das schlimmste Ereignis der vergangenen 100 Jahre stehe bevor. Die Schäden, die der Sturm an der vietnamesischen Küste hinterlassen hat, werden sich wohl erst im Laufe des Tages abzeichnen, aber es steht jetzt schon fest, dass gar kein Vergleich zu der Katastrophe auf den Philippinen besteht.

Vietnam hatte Glück, weil der Sturm kurzfristig seine Richtung änderte, und die Küste nach Norden zog. Dadurch verlor er dann doch erheblich an Kraft. Die Co-Autorin meines zweiten Buches, Anemi Wick, hat dazu einen Artikel für die „Welt“ geschrieben, und sehr schön dargelegt, wie die Richtungsänderung zwar die Rettungsmannschaften bis kurz vor die Verzweiflung getrieben, aber ansonsten eher für Entwarnung gesorgt hat.

Ganz allgemein: Hanoi ist von Wirbelstürmen aller Art meist am wenigsten betroffen. Wir liegen zwei bis drei Autostunden landeinwärts, dadurch kann es schon mal nicht zu nennenswerten Überflutungen kommen, und die Kraft der Stürme schwächt sich dadurch meist auch schon ab. Im Juni erinnere ich mich an einen Sturm, der vom Balkon meiner Wohnung aus ein beeindruckend-beängstigendes Naturschauspiel war, mit Regenwasser, das aussah, wie quer durch die Luft geblasene Wildwasserflüsse. Selbst da gab es aber aus städtischer Sicht wenig beängstigendes zu berichten, mal abgesehen davon, dass der Strom ausfiel. (Der fällt aber auch aus, wenn die Sonne scheint, und die Pegel der Wasserkraftwerke sinken). Im vergangenen Jahr ist direkt vor meiner Haustür mal ein Taxifahrer von einem Baum erschlagen worden. Das war in der Tat schockierend, aber die Tatsache, dass es so schockierend war, sagt schon ein wenig darüber aus, wie selten diese Vorfälle sind. Damals war auch die Fahrt durch die Innenstadt ein Erlebnis, an mehreren Stellen lagen umgestürzte Bäume. Daraus übrigens entstand das Bild für das Kapitel 124 „Taifun“ in „151 Vietnam“. Wie ich auch schon im Buch schrieb: Hinter vereinzelten Zerstörungen mögen sich schlimme persönliche Schicksale verbergen, aber im Vergleich mit dem, was manche Fischer an der Küste erleben, oder eben jetzt gerade die Philippinen, ist das nichts Bemerkenswertes.

Insofern danke ich für alle besorgten E-Mails, wundere mich aber auch ein klein wenig über die Berichterstattung in Deutschland, in der offenbar von mehreren Seiten suggeriert wurde, Hanoi bereite sich auf einen unglaublichen Katastrophenfall vor. Das erscheint mir, selbst wenn Haiyan mit voller Wucht auf Mittelvietnam geprallt wäre, doch nicht sehr logisch. Mal so ausgedrückt: In Hanoi sterben jährlich sicherlich mehr Menschen durch Verkehrsunfälle, als durch Wirbelstürme.

Anprobe im Dunkeln

Ich war mit Menschen in der Innenstadt unterwegs. Sie wollten Lebensmittel kaufen. Im Supermarkt angekommen, fiel plötzlich das Licht aus. Ein Supermarkt im Dunkeln kann ganz schön unheimlich sein, und vor allem überraschend dunkel. Da helfen auch die ganzen Handys mit ihren Beleuchtungen herzlich wenig. Ich habe nun schon einige Stromausfälle erlebt (also, um genau zu sein: ständig), aber mitten im Supermarkt ist mir das noch nie passiert. Zum Glück gehörte der Laden zu einem größeren Büroturm mit Generator. Einige Minuten später sprang auch schon wummernd der Notstrom an.

Dann wollten meine Begleiter noch kurze Hosen kaufen. Ein sehr vernünftiger Wunsch, denn es war vergangene Woche geradezu unglaublich warm. Heiß. Schwül. Schwülheiß. Nächster Stopp: Kleidungeschäft. Wir gehen rein – und das Licht geht aus. Auch hier also plötzlich: Stromausfall.

Nun hängt das natürlich mit der Hitze zusammen. Hanoi leidet gerade im Sommer immer ganz besonders herzzerreißend an Stromausfall. Niedriger Pegel der Wasserkraftwerke und so. Zwei verschiedene Stromausfälle innerhalb einer Stunde in zwei verschiedenen Stadtteilen sind aber wirklich respektabel. Und diesmal hatte der Laden keinen Stromgenerator. Er blieb dunkel. Davon wollte sich allerdings die Käuferin nicht abhalten lassen. Sie kaufte ihre Hose, und weil ihr die Hose so gut gefiel, kaufte sie auch noch eine Bluse. Im Dunkeln. In der Umkleidekabine. Mit Hilfe einer sehr, sehr kleinen Taschenlampe der Verkäuferin.

Ich bin überrascht, dass sie beim Heraustreten auf die Straße nicht plötzlich festgestellt hat, dass alles ganz anders aussieht, als erwartet. Tat es aber nicht. Sah sehr gut aus. Man kann auch im Dunkeln einkaufen. Wer braucht schon Strom?

Schwachstrom

Der Winter hat uns wieder. Die Kälte scheint dieses Jahr in Europa und Vietnam zyklisch abzulaufen: Wenn es in Deutschland wärmer wird, wird es in Vietnam wieder kälter. Aktuell ist es sehr ungemütlich. Allerdings hat unser Haus zumindest den Vorteil, dass es sich über die vergangenen Tage und Wochen aufgeheizt hat. Den halbwegs gut isolierten Fenstern sei dank.

Das ist nicht in allen Häusern so. Viele Freunde und Bekannte packen zum Abendessen schon wieder die Wintermäntel aus. Noch schlimmer ist es allerdings auf dem Land. Während sich die Städter notfalls auch einen Elektro-Strahler in den Raum stellen können (wenn sie ihn noch bekommen, die sind zu diesen Zeiten nämlich meistens ausverkauft), können das die Leute auf dem Land nicht. Das heißt, sie könnten. Aber dann säuft ihre Leitung ab.

Zwar hat fast ganz Vietnam mittlerweile Strom, aber auf die Dörfer und in die ländlichen Gebiete wird deutlich weniger Strom geleitet, als in die Städte. Es gibt auch immer wieder Firmen und Fabriken, die sich darüber beschweren. Allerdings sind das wenige, die meisten siedeln sich in fest ausgeschriebenen Industriezonen an, die dann auch wieder Strom bekommen. (Und wo wir schon davon sprechen: Auch bei uns im Stadtviertel ist der nächste Stromausfall bereits wieder von der Stadtverwaltung angekündigt. Am Dienstag wird dem Viertel für einen Tag der Strom abgestellt.)

Der vietnamesische Strompreis ist übrigens gestaffelt: Bis zu einem bestimmten Verbrauch ist er sehr günstig, je mehr man verbraucht, desto teurer wird die folgende Stufe. Das klingt auf den ersten Blick sehr sozial, weil arme Haushalte logischerweise weniger Strom verbrauchen (sie haben ja auch weniger Geld, um sich haufenweise Elektrogeräte und Klimaanlagen anzuschaffen). Wenn man sich dann allerdings vor Augen führt, dass viele ländliche Haushalte gar nicht viel mehr Strom verbrauchen können, weil die Leitung nicht steht, bekommt es einen leicht zynischen Seitenhieb. Und da am Ende auch die Städter und die Wohlhabenden von den günstigen Stromgrundpreisen profitieren, subventioniert der Staat am Ende eigentlich nicht die Armen, sondern die, die es sich leisten könnten, gleich noch mit.

Der staatliche Stromkonzern EVN hat, nebenbei, seine Zahlen für 2011 veröffentlicht, und dabei etwa 130 Millionen Euro Verlust einräumen müssen. (2010 waren die Verluste sogar dreimal so hoch gewesen.) Daraufhin musste jetzt der Vorsitzende Dao Van Hung seinen Hut nehmen. Unter anderem, weil sich herausstellte, dass EVN etwa 100 Millionen Euro in Immobilien, Versicherungsgeschäfte, Aktienhandel und Bankdienstleistungen investiert hat; den Großteil davon erfolglos. Bei Staatsunternehmen keine seltene Sache. Viele haben in den vergangenen Jahren entdeckt, dass man mit diversen Nebengeschäften außerhalb des eigentlichen Hauptbereichs viel mehr und viel schneller Profit machen kann. Bekannteste Tochterfirma von EVN war zum Beispiel der Telefon- und Internetanbieter „EVN Telecom“. Genau den musste EVN jetzt allerdings auch wegen zu hoher Verluste abstoßen.

Als der staatliche Schiffbaukonzern Vinashin vor zwei Jahren ein Minus von 4 Milliarden Euro hatte einräumen müssen, hatte das in Vietnam zu einer kleinen Staatskrise und einer öffentlichen Diskussion über das Management und die Kontrolle der Staatsunternehmen geführt. Seitdem sind vietnamesische Politiker etwas nervöser, wenn es um allzu deutliche Verluste bei Staatsunternehmen geht.

Im Vergleich zu Vinashin nehmen sich die rund 100 Millionen Euro Verlust von Stromkonzern EVN freilich noch halbwegs bescheiden aus. Die 4 Milliarden Euro von Vinashin entsprachen sage und schreibe fünf Prozent des kompletten Bruttoinlandsprodukts.

Telefoooooooon!

Das Informationsministerium meldet, seit Dezember habe Vietnam 116 Millionen Mobilfunkanschlüsse. 116 Millionen? Moment… Vietnam hat wie viele Einwohner? Nicht mehr als 90 Millionen.

Wir hatten dazu im Oktober 2009 schon einmal einen Eintrag. Damals ging es um die geknackte Marke von 100 Millionen Handy-Verträgen, und schon damals mussten Ministerium und Firmen einräumen, dass sie keinen richtigen Überblick haben, welche Verträge davon eigentlich noch wirklich aktiv sind. Nach wie vor gilt: Es ist günstiger, sich einfach eine neue SIM-Karte (also einen neuen Vertrag) zu kaufen, als teilweise den alten Vertrag zu verlängern. Wegen der ganzen Bonus- und Sonderangebote. Von manchen vietnamesischen Bekannten werde ich deswegen auch ständig von anderen Telefonnummern aus angerufen. Trotz Anruferkennung sind wir also zurück in der Welt der aufregenden Frage: Wer ruft da an? Analog-Gefühl in modernen Zeiten.

Interessant auch die folgende Zahl aus der Pressemitteilung des Ministeriums: Im Jahr 2011 gab es 10 Millionen neue Mobilfunkanschlüsse, aber nur 450.000 neue Festnetzanschlüsse. Auch die Internetnutzerzahlen steigen ständig. Der neueste Schrei sind übrigens UMTS-Internetanschlüsse, also Leitungen, die direkt über Satellit laufen. Dafür werben alle großen vietnamesischen Telefonanbieter heftig. Für umgerechnet etwa 4 Euro im Monat kann man dann von fast jedem Ort in Vietnam aus am Computer sitzen. Auch an einsamen Berghängen oder mitten in der Halong-Bucht. Viel wichtiger als solche bunten Werbe-Plakate (denn mal ehrlich, wer geht denn wirklich auf einer Reisterrasse surfen?): Man kann auch noch ins Netz, wenn es Stromausfall gibt. Vorausgesetzt der Akku des Laptops reicht.

Ach ja, und die Telefon- und Kommunikationsunternehmen haben dieses Jahr ein Gewinnplus von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gemacht. Wobei die Mitteilung sich leider darüber ausschweigt, was genau da mit eingerechnet ist und wer genau dieses Zahl errechnet hat. Ob die ganzen neuen SIM-Karten mit ihren Sonderangeboten nämlich tatsächlich profitabel sind, würde mich in der Tat mal interessieren.

Sommertage

Wir haben 35 Grad im Schatten und seit einigen Tagen blauen Himmel. Ziemlich ungewöhnlich, wie ich finde. Das Licht, die Stimmung, der Geruch in der Luft erinnern mich an Hochsommer in Deutschland. Interessanterweise hab ich schon mehrmals festgestellt, dass der Körper offenbar sich an ein gewisses Klima so gewöhnt hat, dass er bestimmte Wetterlagen automatisch dem zuordnet, was er kennt. Wenn mich spontan jemand fragen würde, welchen Monat wir haben, würde ich gerade antworten, Juli oder August.

Gerade eben war auch der erste längere Stromausfall zu verzeichnen. Vermutlich kein Wunder, wenn jetzt in allen Häusern und Büros, die es sich leisten können, die Klimaanlagen angehen. Vietnams Energie-Industrie hinkt immer noch dem rasanten Wachstum hinterher, und das wird sich auch die nächsten Jahre nicht ändern. Direkt eine Woche nach dem Unglück von Fukushima hat das Parlament hier übrigens beschlossen, den Bau des ersten vietnamesischen Atomkraftwerks fortzusetzen. Mit Auflagen zwar (Prüfungen, mögliche Verlegung des Standorts etwas weiter ins Landesinnere), aber am Atom gibt es keinen Zweifel.

Bislang präsentiert sich der Mai allerdings von einer angenehmen Seite. Die Luftfeuchtigkeit ist zwar noch hoch, aber nicht so lästig wie in den vergangenen Monaten. Stattdessen ist es einfach nur warm, warm, warm.

Übrigens glitzert Hanoi von oben, wenn die Sonne scheint. Grund sind die vielen Wassertanks auf den Dächern der Häuser. Wenn der Himmel klar ist, so wie jetzt, dann schimmern die Wassertanks, reflektieren das Sonnenlicht, und lassen die Mischung aus blauen, roten, grünen und orangenen Dächern noch bunter erscheinen, als sie ohnehin schon ist.

Hanoi kann sehr schön sein. Von oben. Bei blauem Himmel. Und mit doppelverglasten Fenstern.

Lange Nacht der Elektrizität

In Deutschland hat man die lange Nacht der Museen, und darf erleben, was man sonst nie erleben kann, nämlich Museen bei Nacht. Vietnam hat mir gestern so etwas ähnliches beschert: Die Hausverwaltung hat den Strom von 23:30 Uhr bis 7 Uhr morgens abgestellt, weil irgendwas repariert werden musste.

Den Strom nachts abstellen ist aber eine ziemlich dumme Idee, vor allem im Sommer. Fazit war nämlich: Ich hatte eine ganze Nacht keine Klimaanlage. Man konnte zwar das Fenster öffnen, nur gehört zu einem Stromausfall dazu, dass der Generator anspringt, damit im Hochhaus die Fahrzeuge noch laufen. Von der Nachtbaustelle vor dem Fenster ganz zu schweigen. Es war also entweder heiß oder laut. Ich hab das im Wechsel ausprobiert.

Dementsprechend müde bin ich heute morgen.

Freizeit im Sommer

Es ist zur Zeit ziemlich warm. Genauer geasgt ist es der heißeste Sommer seit irgend welchen Jahren oder Jahrzehnten. Die Temperaturen erreichen regelmäßig bis zu 40 Grad, und es kühlt auch nachts meist nur so bis 30 Grad ab.

(Wenn ich mir überlege, dass es früher in Deutschland hitzefrei gab, wenn ab einer bestimmten Uhrzeit die 25 Grad erreicht waren, so dass man immer sehnsuchtsvoll auf das Thermometer starrte. Das wäre hier deutlich einfacher: Schon morgens um 7 Uhr, noch bevor man zur Schule geht, sind die 30 Grad Celsius längst erreicht. Dummerweise hat Vietnam wiederum kein hitzefrei.)

Die Hitze ist jedenfalls Gesprächsthema Nummer eins in der Stadt. Thema Nummer zwei sind die Stromausfälle. Das passt recht gut zusammen, denn das eine bedingt das andere (wegen der Hitze sind die Wasserpegel der Wasserkraftwerke niedrig), und das andere verstärkt das erste (ohne Strom keine Ventilatoren, keine Klimaanlage, kein Kühlschrank).

Was machen die Vietnamesen bei großer Hitze?

Sie gehen in den Supermarkt. Die Supermärkte sind derzeit brechend voll. Wenn man abends um neun Uhr nochmal schnell eine Flasche Milch kaufen will, steht man plötzlich in der Schlange. Grund: Im Supermarkt ist es kühl (wegen Klimaanlage), und die Kinder haben schön lange Gänge zum Herumrennen. Und man kann ziellos durch die Warenreihen schlendern und sich Kekse und Soßen anschauen. Was gibt es schöneres als Freizeitbeschäftigung im Sommer?

Die meisten Supermärkte befinden sich außerdem in Büro-Häusern mit eigenen Generatoren, stehen also selbst bei Stromausfall als Spielplätze und Abkühlaufenthalt zur Verfügung.

Man könnte sich jetzt natürlich fragen, was es über eine Stadt und ihre Infrastruktur und Angebote aussagt, dass die Menschen bei großer Hitze ausgerechnet in Lebensmittelgeschäfte flüchten müssen. Solche hochphilosophischen Fragen allerdings verschieben wir vielleicht lieber auf den Winter. Das letzte, was man bei dieser Hitze gebrauchen kann, ist nämlich ein rauchender Kopf.

Eine Stunde Licht

Gestern war Earth Hour. Rund um den Globus schalteten zwischen 20 und 21 Uhr haufenweise Leute das Licht aus, um gegen Energieverschwendung und damit „für die Umwelt“ zu demonstrieren. Da rund um den Globus bekanntlich nicht dieselbe Zeit herrscht, war es streng genommen nicht eine Stunde, sondern mehr sowas wie eine Laola-Welle.

Deutschland war nicht wirklich beteiligt, dafür Vietnam umso mehr. Zumindest, wenn man den Vorberichten glauben durfte. Da wurde seit Tagen auf das Ereignis hingewiesen, und es erschienen haufenweise Medienberichte von begeisterten Einwohnern, die erklärten, dass sie selbstverständlich mitmachen würden, damit man ein Zeichen für die Zukunft setzen könne.

Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie, denn eigentlich ist in Hanoi jeden Tag irgendwo gerade „Earth Hour“, sprich Stromausfall. In regelmäßigen Abständen werden wegen mangelnder Energieversorgung ganze Stadtviertel abgestellt, manche regelmäßig ein- bis zweimal die Woche, andere unregelmäßiger. Manchmal eine Stunde, manchmal mehrere Stunden. Wenn also ein kompletter Stromausfall für Europäer durchaus etwas Besonderes sein mag, für Hanoier gehört er eigentlich zum Alltag. Es wundert mich sogar, dass wir zuletzt nicht stärker davon betroffen waren, denn ein Blick aus dem Fenster zum Roten Fluss zeigt erschreckend viel Sand, und kaum noch Wasser. Die Wasserstände müssen überall im Land sehr tief sein, und Vietnam zieht einen großen Teil seines Energie-Mixes aus Wasserkraftwerken.

Diese Tatsache wiederum führte dann im Vorfeld von „Earth Hour“ zu den üblichen wuchernden Gerüchten, und das verbreitetste davon war: Hanoi wird der Stadt komplett den Strom abstellen, um an der Aktion teilzunehmen. Was natürlich ziemlich sinnlos gewesen wäre. Wo der Staat seinem Bürger „Umweltmoral“ verordnet, da dürfte der moralische Effekt gleich Null sein. Dass das Gerücht dann doch so weit verbreitet war sagt vielleicht andererseits wieder ein klein wenig über den Staat und seine Kampagnen aus.

Ich habe jedenfalls die Chance genutzt, in einem hohen Haus zu wohnen, und hab mich gestern zwischen 20 und 21 Uhr mal aufs Dach gestellt. Der Effekt war… null. Zumindest aus der Vogelperspektive. Möglicherweise haben einige Häuser ihre Beleuchtung abgeschaltet, aber allein die unzähligen Motorroller und Autos waren so hell, dass die gesamte Stadt weiterhin erleuchtet war. Hinzu kam natürlich die übliche Straßenbeleuchtung. Und in den meisten Wohnvierteln war eindeutig zu sehen, dass ganz normal Licht brannte.

Vermutlich saßen drinnen Leute, und freuten sich, dass der Strom entgegen den Vorhersagen um 20 Uhr doch nicht abgeschaltet wurde.