Babyboom mit Ansage

Im Tu-Du-Krankenhaus in Saigon sind am 22. Januar 434 Babys auf die Welt gekommen. Man darf davon ausgehen, dass darüber ungefähr 434 Elternpaare enttäuscht waren. Natürlich nicht über die Geburt. Sondern über den Tag.

Einen Tag später wären die Kinder nämlich im neuen Jahr geboren worden (nach vietnamesischer, bzw. chinesischer Zeitrechnung), also im Jahr des Drachen. Der Drache ist das Symbol des Kaisers, des Herrschers, er steht für Erfolg, Macht, und alle möglichen anderen guten Dinge, die Eltern ihren Kindern wünschen. Deswegen erwarten die Kinderkrankenhäuser für die kommenden 13 Monate einen regelrechten Ansturm.

Die Online-Ausgabe der Tageszeitung Thanh Nien berichtet, allein in der ersten Woche des neuen Jahres sei die Zahl der Neugeburten bereits um mehr als 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahrszeitraum in die Höhe gegangen. Die Krankehäuser gehen davon aus, dass das weiterhin so bleibt. Sie rechnen mit rund einem Drittel mehr Kinder in diesem Jahr. Für die Belegschaft des Tu-Du-Krankenhauses hatte das bereits zu Jahresbeginn ganz konkrete Auswirkungen: Tet fiel aus. Urlaube wurden nicht genehmigt. Jede Hand wurde gebraucht. Im kommenden Jahr erwartet alleine dieses Krankenhaus nach Angaben von Thanh Nien etwa 60.000 bis 70.000 Kinder – das wären etwa 200 Kinder am Tag. (Die Berliner Charité hat nach eigenen Angeben nur („nur?“) 5000 Geburten pro Jahr).

Die Situation erinnert ein klein wenig an den Ansturm auf deutsche Krankenhäuser, als die Kindergeldregelung geändert wurde. Allerdings betraf das ja bekanntlich nur einen recht kurzen Zeitraum. In Vietnam wird der Baby-Wahnsinn ein ganzes Jahr anhalten (genauer, wie bereits oben erwähnt: 13 Monate; das kommende Mondjahr legt nämlich einen zusätzlichen Schaltmonat ein, damit der Neujahrstag sich nicht zu weit von seiner angestammten Position Januar/Februar entfernt).

Für die Kinder soll das Glück bringen, in der Realität wird es wohl erst einmal ziemlich viele Schwierigkeiten bescheren: Weder haben die Ärzte und Hebammen sonderlich viel Zeit bei der Geburt, noch kann der Drachen-Jahrgang auf kleine Kindergartengruppen, kleine Schulklassen oder übersichtliche Mitstudentenjahrgänge hoffen. Anders gesagt: Der angekündigte Kinderansturm wird dem entsprechenden Babyboom-Jahrgang einige recht handfeste Nachteile bescheren.

Freuen darf sich zumindest die Industrie. Wirtschaftsanalysten glauben, dass die Firmen für Windeln, Babynahrung und Babykleidung in Asien mit kräftigen Umsatzsteigerungen rechnen können. Von um die 20 Prozent ist beispielsweise in China die Rede.

3 Responses to Babyboom mit Ansage

  1. Laura Mai says:

    Mein Cousin sollte sich reinhängen – Er hat vor einem Monat geheiratet. Jetzt ist das Baby fällig, aber dalli!

  2. heike says:

    Oje, die armen Frauen, wenn es nicht gleich auf Anhieb klappt mit dem Nachwuchs. Ob die Vietnamesen wissen, dass genauso oft die Männer verantwortlich sind für ausbleibenden Kindersegen?

  3. ngungon says:

    Ja, das wissen sie wohl schon. Gerade wegen des sozialen Drucks, doch bitte spätestens 10 Monate nach der Heirat ein Baby in den Armen zu halten, scheint mir das Thema Unfruchtbarkeit ein ziemlich häufig diskutiertes; wobei natürlich der Stress auch nicht unbedingt fördernd ist.

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