Rückkehr

Ich habe vor vielen Jahren, es muss noch zu Zeiten des Studiums oder sogar davor gewesen sein, mal einen Artikel gelesen über einen Afrika-Korrespondenten, der nach zehn Jahren im Ausland wieder nach Deutschland zurückkehrt. Er schilderte auf äußerst unterhaltsame Weise, wie sich der umgedrehte Kulturschock über ein ihm fremdes Deutschland äußerte. Ich weiß noch, dass mich die Schilderung damals neidisch gemacht hat, auf eine schwer bestimmbare Art. Ich wollte auch mal erleben, wie es ist, wenn plötzlich die Zeit zehn Jahre nach vorne gedreht wird.

(„Little did I know…“)

Jedenfalls schilderte der Mann unter anderem, wie in seiner Abwesenheit sich plötzlich das Telefonieren verändert hatte. Er musste plötzlich neu lernen, zu telefonieren, weil in der Zwischenzeit der Telefonmarkt privatisiert war. Einige Leser erinnern sich vielleicht noch, eine Zeitlang fing jeder an, Vorwahlen vor die Vorwahl zu wählen. Außerdem musste er Mülltrennung lernen, mit plötzlich einem halben Dutzend verschiedenfarbiger Tonnen. (Es muss also so um die 90er Jahre herum gewesen sein.)

Nun war ich in den vergangenen acht Jahren niemals so weit weg von Deutschland, wie der Afrika-Korrespondent es in den 80er/90er Jahren gewesen sein kann. Schließlich gibt es heute Internet. Ich bilde mir ein, allein durch Facebook, Twitter, Youtube und diverse Foren eine ganze Reihe an popkulturellen und alltagsgesprächsthematischen Entwicklungen, Besonderheiten und Aufregern mitbekommen zu haben. Zumindest soweit sie mich überhaupt interessierten.

Trotzdem stelle ich fest, dass sich Deutschland verändert hat.

Zum Beispiel die Sache mit den Limonaden. Als ich Anfang der 2000er wegging, bestanden die Softdrinks meines Wissens nach aus Cola und Limonade. Okay, es waren nicht mehr ganz die 80er, und eine Marke wie die „Bionade“ trat damals wohl schon gerade ihren zeitweiligen Siegeszug an, und waren zumindest ein Begriff, aber, hey, ich habe jetzt auch nicht gerade im Berlin der Hipster gewohnt (und anscheinend sind ja mittlerweile sogar die Hipster out). Jedenfalls war die Chance groß, dass man in einer Gruppe Kollegen mittags zum Essen ausging, und die einen bestellten Cola, die anderen Wasser, und wieder andere vermutlich Apfelsaftschorle. Oder, je nachdem, was es so für Kollegen waren, vielleicht auch Bier.

Ich war vergangene Woche mit einer Gruppe Kollegen aus.

Auf dem Tisch standen, Rhabarberlimonade, Lemongras-Limonade, Grapefruit-Cranberry-Limonade, Holunderblütenlimonade und zwei weitere Limonaden, bei denen der Markenname größer auf der Flasche stand, als die Geschmacksrichtung, allerdings waren es Markennamen, die ich noch nie gehört habe.

Was fehlte, waren Cola, Wasser oder Apfelsaft.

Vielleicht hab ich auch einfach nur besonders seltsame Kollegen. Und ich sollte vermutlich einfach froh sein, dass ich weder neu telefonieren noch Müll trennen lernen muss. Aber verblüfft bin ich schon. Vor allem darüber, dass die meisten dieser Getränke trotz ihrer kreativen Namen und Geschmacksrichtungen irgendwie trotzdem eigentlich nur nach Zucker, Süßstoff und Bonbongeschmack schmecken.

Ich vermisse frischgepressten Limettensaft und Passionsfruchtsaft.

One Response to Rückkehr

  1. Bastian says:

    Also, ich war 16 Jahre weg und kann es sehr gut nachvollziehen. Bei mir waren es allerdings sehr westlich gepraegte Kulturen (Spanien, Holland, Kanada), da ist der Unterschied den nicht so heftig. Zudem merke ich auch, dass man heutzutage auch ganz anders informiert ist und viel mehr mitbekommt. Wenn ich noch an Urlaube mit meinen Eltern zurueckdenke, wo die einzige Information, die deutsche Tageszeitung war, die immer 3 Tage spaeter kam. Am Mittwoch wusste man dann die Bundesligaergebnisse. Zum anderen merke ich, dass man je mehr man reist und mit anderen Menschen verbringt, desto weniger ueberraschen einen Dinge wirklich. Passiert mir zumindest auf so. Aber hier gibt es auch viel, dass ich verpasst habe, aber man fragt sich durch. Das ich von meiner norddeutschen Heimat, dann jetzt auch noch in Franken gelandet bin, dass macht das ganze halt noch haerter.

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