Vietnamesisch in Deutschland

Ich habe es jetzt ziemlich genau 12 Tage ohne vietnamesisches Essen ausgehalten, und war dann heute so neugierig, Vietnamesisch essen zu gehen. Dazu muss man sagen, dass ich leider nicht in Berlin wohne, wo in einigen Restaurants die Pho wirklich sehr authentisch schmeckt, sondern in Südwestdeutschland, wo man eigentlich froh sein kann, wenn der vietnamesische Koch nicht „Thai-Restaurant“ an die Tür schreibt, weil mit vietnamesischer Küche niemand etwas anfangen kann.

War jedenfalls sehr unterhaltsam.

Die Besitzerin war ausgesprochen nett, und der Service, mit Verlaub, deutlich besser als in Hanoi. Tat außerdem gut, mal wieder Vietnamesisch zu sprechen, hab ich fast schon vermisst.

Das Essen hingegen… Hm. Also die Suppe schmeckte eher nach Thai-Suppe, war sehr scharf und ging Richtung süß-sauer. Der gebratene Reis mit Huhn war schon deutlich leckerer, allerdings merkte man an zwei Dingen, dass man in Deutschland war: Zum einen war die Portion sehr groß. „Deutsch“ groß. So wie drei aufeinandergestapelte Schnitzel. Zweitens waren die Hühnchenstücke im Reis ebenfalls sehr groß. Kein vietnamesischer Straßenkoch würde so viel Huhn in den Reis packen. Eigentlich würden, wenn ich mich recht entsinne, die meisten sowieso keinen „Com chien ga“ anbieten, keinen gebratenen Reis mit Huhn. In gebratenen Reis kommt in Hanoi entweder Rind oder kleingeschnetzelte Garnelen. Oder eine bunte Mischung mit allen möglichen kleinen Fleischstückchen in eher homöopathischen Dosen.

Hier hingegen gab es dicke Stücke Hühnerbrust. Womit mal wieder der Beweis angetreten wäre, dass ausländische Küche sich den Gesetzen des Landes beugen muss, in dem sie serviert wird. In Deutschland ist die Huhn-Beilage dicke Hühnerbrust.

Außerdem fiel mir auf, dass ich das vietnamesische Wort für „Apfelsaftschorle“ nicht kenne. Das Problem beginnt damit, dass es in Vietnam keine Schorle gibt, zumindest nicht, wenn man darunter Mineralwasser versteht. Folgerichtig antwortete mir die Besitzerin auch, als ich danach fragte, einfach nur mit dem vietnamesischen Begriff für „Apfelsaft“. Auch da ist, genau genommen, etwas dran: Der „Zitronensaft“ in Hanoi besteht schließlich auch nicht aus reiner Zitrone, sondern aus einem Wasser-Saft-Gemisch.

One Response to Vietnamesisch in Deutschland

  1. mm says:

    In Berlin gibt es zwei Sorten vietnamesische Restaurants: Die eine Sorte befindet sich in Studenten- und Touristenvierteln. Dort ist die Küche nicht authentisch vietnamesisch, aber oft dennoch sehr lecker. Der Service ist auch nicht authentisch vietnamesisch, nämlich sehr freundlich und zuvorkommend. Es wird auch Wert gelegt auf schönes Geschirr und eine gute Restaurantausstattung.
    In den vietnamesisch geprägten Stadtvierteln und in vielen Bistros ist die Küche authentischer, dafür eben leider auch der Service. Als ich kürzlich mit einem Koreaner in so einem Restaurant war, fragte er mich, was wir der Kellnerin getan hätten, weil sie so lange auf sich warten ließ und jeden Kundendienst vermissen ließ. Es beruhigte ihn sehr, als ich ihm erklärte, dass das nicht an ihm liege sondern in Restaurants, in denen vor allem Vietnamesen und andere Asiaten essen, einfach so sei. Das Essen hat ihn dann entschädigt. Er hat sich reichlich mit Soßen, eingelegtem Knoblauch und Chili bedient und sagte, er habe lange nicht mehr so gut gegessen.

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