Monthly Archives: März 2010

Hysterie für Korea

Am Samstag gab es hier in Hanoi ein großes MTV-Konzert unter der Abkürzung „Exit“. Gemeint war damit der Satz „End X-ploitation and Trafficking“, also eine Kampagne gegen Menschenhandel. Wobei das den feiernden Massen vermutlich egal war. Hauptsache Musik. So zumindest schildert es eine, die es wissen muss, nämlich eine Mitarbeiterin von einem Info-Stand, die vor Ort (am Hanoier Nationalstadium) Flugblätter gegen Menschenhandel verteilen wollte. Sie kam nicht dazu. Als die Tore geöffnet wurden, stürmte eine wilde Masse an Menschen so… (more…)

Plötzlich trocken

Wir hatten vor zwei Tagen den vielleicht feuchtesten Tag des Jahres. Das Hygrometer zeigte 94 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit an. Papier wellte sich mal wieder, die Farbe an den Wänden begann sich zu verfärben, und auf einzelnen Paneelen zeigte sich Schimmel. Es war ziemlich unangenehm. Seit gestern ist jetzt das Gegenteil eingetreten, mit einer Wucht, die den Körper umhaut. 30 Prozent relative Luftfeuchtigkeit, es ist richtig trocken. Die Haut spannt sich, sogar das Atmen scheint schwieriger geworden zu sein. Insgesamt ist… (more…)

Fahrstuhlstudium

Hanoi ist für eine Stadt ihrer Größe eine Stadt mit sehr wenigen Hochhäusern. Das ist, aus meiner ganz privaten Sicht, eine sehr schöne Sache, denn Hochhäuser tendieren dazu, alle gleich auszusehen. Das Fehlen der Hochhäuser gibt Hanoi einen ganz eigenen Charakter. Man merkt es allerdings auch an ganz anderer Stelle: Viele Vietnamesen haben keine Ahnung, wie ein Fahrstuhl funktioniert. Das merke ich unter anderem daran, weil ich in einem Haus mit Fahrstuhl wohne. Also sehr viel Fahrstuhlstudium betreiben kann. Und… (more…)

Rrrring, rrring!

Telefone sagen einem ja heutzutage, wer anruft. Zumindest, wenn man die Nummer vorher eingespeichert hat. Zum Beispiel sagt das Telefon dann auf dem Display hell und deutlich auf dem Display „Maria“ rufe an. Das ist auch logisch, denn zehn Minuten vorher hat man nämlich tatsächlich Maria selbst versucht zu erreichen, sie war aber nicht da. Also geht man ran, und sagt: „Hallo, Maria.“ Am anderen Ende der Leitung meldet sich ein Vietnamese mit: „Allo?“ (Vietnamesen sagen tatsächlich ‚Hallo‘, sie sind… (more…)

Hähnchen vietnamesisch

Ich habe heute ein ganzes Huhn im Backofen geröstet. Mit Apfel-Zwiebel-Füllung und viel Rosmarin. Das wäre natürlich an dieser Stelle nicht weiter erwähnenswert, denn das daraus entstandene Essen ist nun wahrlich nicht sonderlich vietnamesisch. Das Huhn hatte allerdings noch seinen kompletten Kopf. Ich habe auf mehreren Kochseiten im Internet, auf Ratgeber-Portalen und ähnlichem nachgeschaut, was immer halt so unter dem Stichwort „Huhn zerlegen“ herauskam, aber niemand in Deutschland oder Europa oder Amerika erklärt einem mehr, wie man von einem Huhn… (more…)

Asiatisches Domino

Die Domino-Theorie hat in der Liste der „Berühmten Ideen der Weltgeschichte“ nicht unbedingt den besten Ruf. Die Vorstellung, dass die USA den Krieg in Vietnam um jeden Preis gewinnen müssen, weil ansonsten alle umliegenden Länder wie Domino-Steine „kippen“ (also in die Hände kommunistischer Parteien fallen), liegt heute mehr oder weniger auf dem Schrotthaufen der Geschichte. Sie gilt entweder als halbseidener Vorwand der USA für den Krieg, oder, im besten Fall, zumindest als historisch widerlegt. Schließlich gewann Nordvietnam 1975 den Krieg,… (more…)

Im Krankenhaus

Die Großmutter ist ins Krankenhaus gekommen. Nicht schlimmes, glaubt ihre Familie. Ein Schwächeanfall einer schon über 90 jährigen Frau. Passiert, aber muss professionell gepflegt werden. So etwas wie „Besuchszeiten“ gibt es in Vietnam nicht. Besuchszeit ist immer. Seit Tagen sind zwei bis drei Familienangehörige am Bett der Großmutter und wachen darüber, dass sich die altersdemente Frau nicht die Kanülen aus dem Arm zieht. Im Raum stehen vier Betten, alle mit alten Frauen. Rund um alle vier Betten sind jeweils ein… (more…)

Schuld eindeutig

Der vietnamesische Verkehrsminister hat nichts zu lachen. Vor kurzem stand seine Familie über eine Stunde im Stau. Als Frau und Kinder nach Hause kamen, haben sie erst einmal ein Donnerwetter losgelassen: Er sei Schuld an diesem Schlamassel, er sei ja schließlich der Verkehrsminister, und Staus solcher Länge gingen ganz eindeutig auf sein Konto. Diese Episode erzählte der Minister in einem Interview mit Vietnamnet, was durchaus auf ein wenig Selbstironie schließen lässt. Außerdem erklärt er nebenbei, dass die wichtigste Lösung für… (more…)