Kulturschock

Es gibt Kleinigkeiten, die versetzen einen langjährigen Vietnam-Expat nach der Rückkehr nach Deutschland in Verwunderung. Und sie sagen vielleicht einiges aus, über beide Länder.

Zum Beispiel habe ich mir angewöhnt, Geschirr, Tassen, Teekannen immer ganz besonders gründlich abzutrocknen, um nicht aus Versehen verunreinigtes Leitungswasser zu trinken. Ich muss mich tatsächlich wieder daran gewöhnen, dass mir das hier nicht nur passieren darf, sondern dass ich sogar den offenen Mund unter den Wasserhahn halten kann. Wenn ich will. Dazu muss man sagen, dass das vermutlich die ganze Zeit ohnehin immer nur ein psychologischer Tick war, ich will gar nicht wissen, in wie vielen Straßenrestaurants und Suppenküchen ich alle mögliche Arten von Leitungswasser getrunken habe.

Gleichzeitig versetzt mich die Tatsache, Kekse über eine Nacht offen in der Küche liegen zu lassen, ohne dass sie am nächsten Tag von Ameisen wimmeln, von Kakerlaken angefressen oder vor lauter Luftfeuchtigkeit zu Brei zerlaufen oder verschimmelt sind, in eine Art kindliches Erstaunen. Das gleiche gilt für ein Glas Milch, ein Glas Saft oder ein Stück Zucker. Eigentlich für alle Lebensmittel. Die Vorstellung, dass ich meinen Kühlschrank nun tatsächlich wieder für Lebensmittel nutzen kann, die ich kühlen will, und nicht mehr für solche nutzen muss, die ich vor Motten, Maden und Ungeziefer schützen möchte, ist noch sehr surreal.

Ich bin ebenfalls überrascht, dass ich die Menschen um mich herum wieder verstehe, ohne mich dabei darauf konzentrieren zu müssen, was sie sagen.

Und man kann an einem warmen Sommerabend im Haus sitzen, ohne die Klimaanlage oder den Ventilator einschalten zu müssen. Überhaupt empfinde ich die Hitze hier vor Ort als überraschend angenehm, weil es trockene Hitze ist. Man kann trotz Hitze auf die Straße gehen, ohne nach drei Schritten nassgeschwitzt, schnaufend klebrige Luft einzuatmen.

Ich muss mich allerdings tatsächlich daran gewöhnen, bei einem kleineren Verkehrsstau nicht einfach zur Seite zu ziehen und den Stau mal so eben locker links zu überholen.

One Response to Kulturschock

  1. mm says:

    Willkommen zu Hause. Ich hoffe, auch aus Süddeutschland gelegentlich von Dir zu hören. Und sollte es Dich mal nach Berlin verschlagen, auch besuchsweise, melde Dich einfach.
    Einen schönen Gruß aus der wirklich unerträglich heißen Hauptstadt.

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