Vietnam kopiert Von der Leyen

Genau. Vietnam reformiert nämlich seinen Mutterschaftsurlaub. Täräää! Großer Applaus. „Das wird Mütten und Kindern zugute kommen, und damit auch der Entwicklung des Landes“, sagen die Politiker. Wie Politiker das halt immer so sagen. Vor allem „die Entwicklung des Landes“ ist ein Schlagwort, das hier sehr gerne benutzt wird.

Fakten gefällig? Vietnamesische Mütter sollen künftig zwei Monate mehr Mutterschutz erhalten. Und zwar auf nun – sechs Monate insgesamt. Bislang waren es nämlich… nur vier Monate. Nach vier Monaten saß die vietnamesische Mutter normalerweise wieder an der Arbeit.

Also doch ganz anders als Deutschland, Merkel und von der Leyen. Aus verschiedenen Gründen natürlich. In Vietnam können sehr viele Familien auf Großeltern zurückgreifen, oder (eine kleinere Zahl) auf Hausangestellte. Die sich dann um das Kind kümmern. In Vietnam ist es auch schon seit Jahrzehnten (je nachdem, wie man es sieht, sogar Jahrhunderten) so, dass Frauen selbstverständlich arbeiten. Die Frauenarbeitsquote von 86 Prozent hatte ich schon mal irgendwo in den Raum geworfen.

Trotzdem regt sich aber eben jetzt Widerstand gegen die vier Monate, denn das erlaube den Müttern noch nicht mal, die Babys angemessen zu stillen. Abstillalter ist ja bekanntlich so zwischen dem sechsten und dem neunten Monat. Das ist nun auch das Hauptargument, das für „sechs Monate“ spricht.

In der englischsprachigen „Vietnam News“ gab es dazu jetzt eine interessante Seite mit Leserbriefen. Unter anderem von einer Vietnamesin aus Finnland, die beiläufig erwähnt, dass man in Finnland zehn Monate volles Gehalt bei Mutterschaftsurlaub erhält, und dann noch mal die kommenden 14 Monate immerhin 80 Prozent.

An anderer Stelle sagt ein japanischer Manager einer vietnamesischen Firma, dass er sowas eigentlich nicht gutheißen könne, denn das würde enorme Kosten im Betrieb verursachen, die Wiedereingliederung der Frauen in den Arbeitsalltag erschweren und Vietnams Standortvorteil schaden. Und da sind die Vietnamesen besonders hellhörig, denn sowas würde ihre Wirtschaftswachstumsziele treffen.

Und schließlich erinnert eine Vietnamesin, die mehrere Jahre lang in der Gesundheitsverwaltung gearbeitet hat, daran, dass diese Sechs-Monats-Periode bereits in den 90er Jahren für kurze Zeit ausprobiert worden sei. Bis die ersten Statistiken zeigten, dass etwa drei Viertel der Frauen die zwei Monate länger gar nicht in Anspruch nahmen. „Viele fürchteten Einbußen in Gehalt oder Status“, schreibt die Leserin. Und für die Landbevölkerung, die immer noch den Großteil des Landes ausmacht, ändere sich sowieso nichts, denn die müssten bis vor der Geburt und gleich nach der Geburt sowieso hart arbeiten. Und schließlich habe langes Stillen in Vietnam eigentlich gar keine Tradition. Man habe da schlicht ganz andere Kindeserziehungsbräuche.

Erste Ergebnisse und Bilanzen dann wahrscheinlich, wenn das neue Gesetz in Kraft ist.

9 Responses to Vietnam kopiert Von der Leyen

  1. m says:

    Nach meiner Erfahrung stillen Vietnamesinnen eigentlich sehr lange. Aber so nach 5-6 Monaten reicht es, ein Kind morgens und abends zu stillen. Die anderen Mahlzeiten brauchen Kinder dann schon etwas anderes als Milch. Das lässt sich (nach vietnamesischen Vorstellungen) mit Arbeit vereinbaren. Wenn die Arbeit allerdings körperlich anstrengend ist, wird die Milch bald versiegen.
    Ein guter Bekannter hat mir erzählt, dass er im Alter von fünf Jahren mit seiner Mutter immer auf den Markt musste. Sie hat dort verkauft. Der Grund: Sein Bruder war ein Baby. Mittags schoss der Mutter die Milch in die Brust. Und weil es einfacher war, den fünfjährigen mit zur Arbeit zu nehmen als das Baby, musste der große Sohn dann die Milch abtrinken. Die alte Tante hat sich zu Hause ums Baby gekümmert.

    Gibt es für den Mutterschutz auch Geld? Und wenn ja – zahlt den der Staat oder der Arbeitgeber?

  2. admin says:

    Es gibt 75 Prozent des Gehalts für jene vier Monate, und sie werden vom Staat bezahlt. Wie ist das denn in Deutschland eigentlich? Zahlt da auch komplett der Staat alleine oder gibt es irgend so eine Mischkalkulation aus Krankenversicherung und Arbeitnehmeranteil?

  3. GF says:

    In Deutschland gibt es zwei Monate nach der Geburt noch das volle Gehalt (Arbeitgeber) und danach für 12 Monate (wenn man die Elternzeit nimmt) 60% vom letzten Nettogehalt, also je mehr man verdient, desto mehr bekommt man. Wenn sich die Väter für mindestens zwei Monate Elternzeit nehmen, gibt es das Elterngeld sogar 14 Monate lang. Diese Regelung gilt seit dem 1.1.08.

  4. m says:

    Da bin ich jetzt überfragt. Aber ich glaube, der Arbeitgeber zahlt den Schwangerschaftsurlaub, der vor der Entbindung liegt. Und die Zeit danach zahlt der Staat. Aber da gebe ich jetzt keine Garantie für.

    Das heißt jetzt, die zwei Zusatzmonate werden nicht gezahlt? Das ist ja schon eine Aufforderung, diese Zeit nicht in Anspruch zu nehmen.

  5. admin says:

    Nein, nein, die Zusatzmonate würden natürlich schon auch gezahlt werden. Das Gesetz ist ja noch nicht in Kraft, deswegen habe ich nach wie vor von „vier Monaten“ gesprochen.

    Interessant, dass in Deutschland der Arbeitgeber voll zahlen muss. Ich hatte mit einer Schwedin gesprochen, die der Meinung war, bei Ihnen in Schweden zahle Staat/Krankenversicherung.

  6. GF says:

    Sorry, ich habe mich noch mal schlau gemacht: das Mutterschaftsgeld wird vor (6 Wochen) und nach der Geburt (8 Wochen) vom Arbeitgeber und der gesetzlichen Krankenkasse getragen. Bei mir als Beamtin war das etwas anders. Das Elterngeld während der Elternzeit wird vom Staat gezahlt.

  7. m says:

    Was sind eigentlich die Motive der vietnamesischen Regierung, den Mutterurlaub zu verlängern?

  8. prinzregent says:

    … welche Grosseltern kuemmern sich in Deutschland noch aktiv und finanziell um ihre Enkel ??? Mein Vater (89) wuerde niemals auch nur einen halben Cent an seine Enkelchen geben. Lieber Kredite abnehmen,denn “ das bezahlen die Erben!“. Mein Bruder, ein Lehrer (64) , lehnt Kinder ab und ist bewusst kinderlos geblieben. In Deutschland herrscht m.E. versteckter Krieg der kinderlosen gegen die Familie mit Kind. Das ist meine Erfahrung. Und mit Merkel und von der Leyen ist es schlimmer geworden- nicht besser !

  9. prinzregent says:

    … welche Grosseltern kuemmern sich in Deutschland noch aktiv und finanziell um ihre Enkel ??? Mein Vater (89) wuerde niemals auch nur einen halben Cent an seine Enkelchen geben. Lieber Kredite aufnehmen, denn “ das bezahlen die Erben !! lol „. Mein Bruder, ein Lehrer (64) , lehnt Kinder ab und ist bewusst kinderlos geblieben. In Deutschland herrscht m.E. versteckter Krieg der kinderlosen gegen die Familie mit Kind. Das ist meine Erfahrung. Und mit Merkel und von der Leyen ist es schlimmer geworden- nicht besser !

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