Zurück aus Peking

Ich bin zurück. Reisen bildet. Da dieser Blog nicht von China sprechen will, sondern von Vietnam, hier eine lose Ansammlung an Ideen und Eindrücken, die sich hauptsächlich auf den Vergleich zweier Hauptstädte beziehen von zwei Ländern, die nach weitläufiger Aussage kulturell und politisch „sehr ähnlich“ sind. Ich hatte deutlich mehr Ähnlichkeit erwartet.

  • Peking ist groß. Wirklich. Man stelle sich das so vor: München gilt ja landläufig als Großstadt mit „Dorfcharakter“. Im Hanoier Zentrum wiederum leben dreimal so viel Menschen, und trotzdem fühlt es sich eigentlich nicht größer an. So wie ich ohnehin davon ausgegangen bin, dass es ab einer gewissen Millionengröße keine echten Gefühlsunterschiede mehr gibt. Peking aber… in Peking leben etwa fünf Mal so viele Menschen wie in Hanoi, aber es fühlt sich an, als wären es zehn Mal so viele. Man fährt und fährt und fährt, und am (sehr breiten!) Straßenrand ziehen Hochhäuser vorbei und Hochhäuser und Hochhäuser. Peking ist moderner, großstädtischer als ich es mir vorgestellt hätte. Und vor allem größer.
  • Pekings Taxifahrer sind kreuzehrlich. Dass das eine Überaschung ist, sagt vielleicht auch etwas über die Taxifahrer aus Vietnam, Kambodscha, Thailand, Nepal und den Philippinen aus, mit denen ich zuletzt zu tun hatte. In einem Land, das trotz seiner Macht noch „Schwellenland“ heißt, und wo auf den Straßenmärkten eifrig gefeilscht wird, steigt man irgendwie mit dem Gefühl ins Taxi, jetzt gleich handeln zu müssen. Fehlanzeige. Alle Pekinger Taxis haben eine Art automatisierten Kassenbon, der am Ende der Fahrt aus dem Taxameter gerattert kommt. Darauf ist Kilometerzahl, Zeit, Preis, Wagennummer verzeichnet. Kein einziger Taxifahrer hat auch nur Anzeichen gemacht, zu handeln, kein einziger ist absichtlich auch nur eine Biegung zu viel gefahren.
  • Man sollte aufhören, sich über das Wetter zu beschweren. Ich zum Beispiel habe zuletzt doch arg unter der vietnamesischen Feuchtigkeit gelitten, die mir ziemlich auf die Nerven gegangen ist. Fazit: Ohne Feuchtigkeit ist auch schlimm. Peking hatte durchgängig 20 Prozent Luftfeuchtigkeit (obwohl man da von „feucht“ schon gar nicht mehr sprechen kann). Nach zwei Tagen sind meine Lippen aufgeplatzt, nach drei Tagen hatte ich Halsschmerzen, nach vier Tagen Risse in der Haut. Was wohl auch an den Nordwinden lag, die aus irgend einer benachbarten Wüste Sand in die Stadt geweht haben. Und Kälte. Peking kann sehr kalt sein. Seit ich wieder zurück in Hanoi bin liebe ich zum ersten Mal, die schwülwarme Feuchtigkeit. Vielleicht lebe ich auch schon zu lange hier.
  • Das Parteigebäude am Tiananmenplatz sieht aus, als gehöre es der KPV. Gleiches Parteisymbol, ähnliche Bauart. Nur größer. Deutlich größer als jedes Gebäude, das irgendwo in Hanoi herumsteht. Interessanterweise sieht man im Fernsehen ja den Tiananmenplatz recht häufig, wenn aus China berichtet wird, aber immer nur aus derselben Perspektive: Mit Verbotener Stadt und Mao-Bild im Hintergrund. Dass der Platz von zwei riesigen Gebäuden flankiert wird, die deutlich hünenhafter wirken, als das Eingangstor der Verbotenen Stadt, weiß der Fernsehzuschauer nicht. Auch mal wieder ein Beispiel dafür, wie die Medien unser Weltbild entstehen lassen.
  • Kultur: Tatsächlich ähnlich. Aber dann irgendwie auch wieder nicht. Peking ist eindeutig eine Stadt, die in nördlichen Gefilden liegt. Vieles wirkt fast europäisch: Wenig Menschen auf den Straßen, freie, große Bürgersteige. Geordnetes Verkehrschaos (im Gegensatz zu chaotischem Verkehrschaos in Hanoi). Manche Europäer würden mir bei dieser Beschreibung wohl nicht zustimmen, aber vielleicht zeigt auch das nur wieder, dass ich zu lange schon in Vietnam bin. Und: Es gibt in Peking einen Konfuzius-Tempel. Es war das einzige Bauwerk, das nicht größer war, als ähnliche Gebäude in Vietnam. Es war auch weniger los. Und die meisten Steintafeln der Doktoranden wurden nicht von Schildkröten getragen.
  • Steinerne Schildkröten allerdings gab es dort trotzdem. Sie trugen große, dicke Steintafeln, ihre Köpfe sahen nicht niedlich verknuffelt aus, wie die ihrer Vettern in Hanoi, sondern sie hatten Köpfe mit Zähnen, und drachenähnlichen Hörnern und dazu Panzer, die aussahen wie Plattenrüstungen. Und sie waren größer. Deutlich größer.

One Response to Zurück aus Peking

  1. GF says:

    Wenn du Peking schon als groß bezeichnest, was ich genauso empfunden habe, so ist Shanghai vergleichsweise noch überwältigender, noch mehr Hochhäuser (Wohngebäude und Büros) noch mehr Einkaufsstraßen, Einkaufstempel, noch mehr Menschen. Die aber sind offener, freundlicher und moderner, vor allem die Jugend!

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