Wieder im Land

Ich war, man hat es möglicherweise gemerkt, zwei Wochen unterwegs. Seit gestern bin ich wieder im Land, und deswegen wird es hier demnächst auch wieder weitergehen. Spätestens beim Anblick der Hände meines Taxifahrers wusste ich auch, dass ich wieder „zu Hause“ bin.

Es ist hier in Vietnam unter einigen Männern Sitte, sich die Fingernägel lang wachsen zu lassen. Zumindest den einen oder anderen. Oft den Daumen oder den kleinen Finger. Genauer gesagt ist es vor allem unter solchen Männern Sitte, die einen, sagen wir, „ländlichen“ Hintergrund haben (also sehr, sehr viele), mittlerweile aber in der Stadt arbeiten. Der Fingernagel sagt dann: Ich muss nicht mehr körperlich arbeiten, und kann es mir leisten, einen langen Nagel zur Schau zu stellen, ohne Angst zu haben, dass er abbricht. Man findet ihn vor allem gerne bei Fahrern, aber auch bei diversen Büroangestellten.

Darüber hinaus habe ich für die kommenden Tage vermutlich an einem kleinen Kulturschock zu knabbern. Ich war zwei Wochen in Japan. Und es sei an dieser Stelle deutlich gesagt: Die Japaner sind das freundlichste, serviceorientierteste Volk, das mir jemals untergekommen ist. Das Reisen in Japan als Tourist war eine reine Freude. Wer einen Japaner nach dem Weg fragt, der rechne damit, dass er den Weg nicht erklärt bekommt, sondern zum Ziel geführt wird, auch wenn die Person in eine ganz andere Richtung unterwegs war. Kurzum: Alles hat funktioniert, und wenn es mal nicht funktionierte, gab es jemanden, der sich darum kümmerte (und gegebenenfalls entschuldigte).

Mir ist völlig klar, dass auch Höflichkeitsformen schnell ins floskelhafte abrutschen. Ein Pariser, der in der Metro einem anderen auf den Fuß tritt, und „Pardon!“ murmelt, der meint nicht unbedingt „Entschuldigung, das war mein Fehler“, sondern möglicherweise meint er „Pass doch auf du Idiot, wo du hinläufst.“ Trotzdem fand ich es sehr angenehm in einem Land zu sein, in dem sich Menschen regelmäßig bedanken und entschuldigen. Es sorgt, selbst wenn es innerlich nicht immer ganz ernst gemeint sein mag, zumindest für eine gute Stimmung.
Darüber hinaus: Als mir an einer Rolltreppe eine Frau den Vortritt ließ (weil ich mit schwerem Gepäck unterwegs war), war ich so verdattert, dass ich erst gar nicht reagierte. Mir fiel in diesem Moment auf, dass es in Vietnam sehr, sehr lange her ist, dass irgend jemand mir irgendwo den Vortritt angeboten, die Fahrstuhltür aufgehalten oder von sich aus Hilfe angeboten hat (wenn ich das meinerseits mache, sorge ich damit oft ebenfalls desöfteren für Verwirrung).

Allerdings hat mir, gleich am Abend meiner Rückkehr, eine Vietnamesin den Fahrstuhl aufgehalten. Was beweist: Pauschalaussagen stimmen bekanntlich nie.

Es gab auch unfreundliche Japaner.

Ich habe sie gezählt: Zwei.

2 Responses to Wieder im Land

  1. GF says:

    Hier bedanke ich mich, wenn jemand freundlich ist, z. B. bei einer Verkäuferin, wo es ja eigentlich selbstverständlich sein müsste. Manchmal habe ich das Gefühl, ich störe das Personal, wenn ich ein Geschäft betrete!!!
    Wir waren aber auch begeistert von der Freundlichkeit der Australier.

  2. Tu says:

    ich mag es gar nicht wenn ein Mann lange Fingernagel hat. :D

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