Parkplatz, ein (halbes) Leben lang

Das „Golden Westlake“ ist ein Appartment-Hochaus am Westsee, einer der neuen Bauten mit luxuriösen Wohnungen für sehr viel Geld, von denen es insgesamt noch immer zu wenige in Hanoi gibt, so dass die Nachfrage ziemlich hoch ist. Das Haus hat dabei den Vorteil, dass es noch relativ zentral liegt. Die Innenstadt selbst ist mit vielen kleinen Häusern recht zugebaut, da werden in naher Zukunft kaum Bauprojekte entstehen. Und das neue Wohn- und Büro-Viertel im Westen hat zwar Platz, ist dafür aber auch weit von der eigentlichen Hanoier Infrastruktur entfernt.

Das Golden Westlake verfügt also über mehrere Etagen Wohnfläche, und es verfügt, standesgemäß, im Keller über Parkplätze für seine Anwohner. Dabei haben die zwei Wahlmöglichkeiten: Monatlich zu bezahlen, oder langfristig zu bezahlen.

Langfristig heißt in diesem Fall: 38 Jahre lang. Pauschal. Bar auf die Hand.

Umgerechnet kostet das so etwa 25.000 Euro. Oder anders gesagt: Man hat dann ein Auto für den Preis von zweien.

Dabei stellen sich zwei Fragen. Erstens: Wer kauft Parkplätze für 38 Jahre? Und zweitens: Wie war das nochmal genau mit den Preisen? Wer nämlich den Monatspreis durchrechnet (eine Million Dong oder umgerechnet etwa 40 Euro pro Monat), und mit 38 Jahren multipliziert, der kommt nur auf etwa die Hälfte jener 25.000 Euro. Anders gesagt: Der volle Preis für 38 Jahre ist teurer als der Einzelpreis. Hä? Irgendwie ging das mit den Mengenrabatten doch anders, oder?

Der Grund ist folgender: Wer sich einen Parkplatz monatlich kauft, der hat im folgenden Monat keinen Anspruch darauf, dass er immer noch einen Parkplatz hat. Platz ist knapp, kann gut sein, dass jemand anders schneller war. Pech gehabt. Dann doch lieber gleich im Voraus zahlen. Für 38 Jahre. Und umgerechnet 25.000 Euro. Warum die Hausverwaltung so unverschämt sein kann? Weil sie es sich leisten kann. Denn im Gegensatz zu europäischen Städten ist „mal eben einen Parkplatz ein paar Straßen weiter“ suchen in Hanoi fast ein Ding der Unmöglichkeit. Dazu sind die Straßen zu klein, zu schmal, zu vollgestellt, im Zweifelsfall passt da gar kein Auto hin.

Nun dürfen die Mieter freilich ihren für 38 Jahre gekauften Parkplatz bei Auszug an den nächsten Mieter weiterverkaufen. Trotzdem bleibt unter dem Strich vor dem Einzug (falls ein Auto gewünscht ist) erstmal eine ziemlich heftige Ausgabe in der Kalkulation.

Wer jetzt übrigens glaubt, im Golden Westlake wohnten nur reiche Ausländer, der irrt. Es gibt erstaunlich viele Vietnamesen, die sich in letzter Zeit in dieses oder andere Hochhausprojekte eingekauft haben.

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