Zuckerberg und die „Blockade“

Mark Zuckerberg hat seinen Weihnachtsurlaub in Vietnam verbracht. Das hat nicht nur in den vietnamesischen Medien für eine ziemlich skurril-aufgeregte Berichterstattung gesorgt (Tenor: „Heute morgen hat er diesen und jenen Strand besucht!!“), sondern sogar in der deutschen Presse in diversen Randnotizen Erwähnung gefunden. Quelle war vermutlich eine Agenturmeldung, denn trotz unterschiedlicher Aufmachung diverser kurzer Meldungen fand sich ein Satz fast wortgleich in allen Medien: „Vietnamesische Behörden blockieren den Zugang zu Facebook, den jungen Nutzern in Vietnam gelingt es aber immer wieder, die Restriktionen zu umgehen.“ Zu lesen sowohl bei BILD, RP Online oder SPON.

Das stimmt, und stimmt auch wieder nicht. Facebook ist in Vietnam nicht „verboten“, wie es teilweise hieß. Die Seite wurde auch niemals offiziell blockiert, sie wird vom Staat nicht geächtet, und Elektroläden in Hanoi machen offen damit Werbung, dass man mit bestimmten Telefonen „Facebook bedienen“ kann (also sprich: ins Internet kann), während andere Firmen ganz offizielle Facebook-Profile haben.

(Nun ist zwar in Vietnam die Tatsache, dass etwas existiert kein Beweis dafür, dass es nicht doch möglicherweise verboten wäre, dafür ist der Straßenverkehr das beste Beispiel, oder auch alltägliche Verstöße gegen alle möglichen Gesetze, aber in diesem Fall ist es ein Beleg, dass der Zugriff auf Facebook keine hochpolitische Straftat darstellt.)

Trotz alledem war Facebook in den vergangenen zwei Jahren teilweise nur sehr schwer zu erreichen. Und zwar flächendeckend.

Wie passt das jetzt zusammen? Nachdem vor etwa zwei Jahren erstmals sehr plötzlich und quasi über Nacht im ganzen Land Facebook nicht mehr zu erreichen war, kursierte kurz darauf ein Schriftstück im Internet, in dem die vietnamesischen Behörden die Internet-Provider aufriefen, die Seite zu blockieren. Ob der Text Original oder Fälschung war, blieb meines Wissens ungeklärt. Er würde zumindest einiges erklären. Die „Blockade“ wurde nämlich ganz offensichtlich von den jeweiligen Providern durchgeführt, die dabei völlig unterschiedliche Methoden anwendeten. So kam es zu der kuriosen Situation, dass sich einige der Hürden leichter oder schwieriger überwinden ließen. Bei einigen Providern genügte eine simple Umstellung der DNS-Adresse oder auch der Umweg auf „Facebook Light“ (das mittlerweile wieder eingestellt ist).

Viele dieser Umgehungen waren sehr banal, und ließen fast vermuten, die Provider setzten eine Idee gezielt lax um, damit alle zufrieden sind: Die Kunden und die Hintermänner der Idee, wer auch immer sie waren. Ärgerlich war es allerdings trotzdem, zumal es auch einige Provider gab, bei denen man sich nur aufwändig über Proxy-Programme auf Facebook Zugriff erreichen konnte. Gerade für viele Ausländer in Vietnam ist Facebook eines der hilfreichsten Kommunikationsmittel nach Hause (oder zu weltweiten Freunden), und sowohl bei Vietnamesen als auch bei Ausländern in Hanoi passiert es mittlerweile, dass Einladungen zu Veranstaltungen, Feiern und ähnlichem nicht mehr per Mail kommen („altmodisch“), sondern auf Facebook gepostet werden.

Dass Facebook in Vietnam „blockiert“ wurde, ist also bis heute nur eine Vermutung (wenn auch eine naheliegende). Niemand, der diese Blockade umging, machte sich aber in irgend einer Weise strafbar – weil die Seite eben niemals offiziell geächtet wurde. Übrigens taucht im Fließtext der Meldungen überraschend häufig der Begriff „unerwünscht“ auf. Möglicherweise war also die ursprüngliche Agentur-Meldung vorsichtiger ausgedrückt als das, was anschließend in den Heimatredaktionen aus der Nachricht gebastelt wurde.

Wie auch immer: Das alles ist seit einigen Monaten ohnehin Geschichte. Schwer zu erreichen ist Facebook aktuell nur noch bei einer Minderheit der Provider. Auf allen anderen funktioniert der Zugriff wieder problemlos. Bis heute gab es aber auch nirgendwo eine offizielle Stellungnahme zu diesem seltsamen „Verschwinden“ und „Wiederauftauchen“ von Facebook.

Es ist also sehr gut möglich, dass Mark Zuckerberg in Vietnam tatsächlich und ironischerweise Schwierigkeiten hatte, seine eigene Seite zu erreichen. Vor allem, wenn er über Handy Zugriff haben wollte (bei vietnamesischen Telefonanbietern funktioniert die Seite nach meiner Beobachtung akutell nur sehr schlecht). Wirklich belegen lässt sich das nicht, denn er postet auf seinem Facebook-Profil generell ziemlich wenig.

Ansonsten läuft die Seite wieder, unter anderem auch in Büros von Regierungseinrichtungen. Leider, darf man da fast hinzufügen. Ein nicht geringer Prozentsatz der Angestellten scheint nämlich geradezu süchtig nach diversen Facebook-Spielchen wie Farmville. Was der Arbeitsmoral in Behörden und Firmen nicht gerade gut tut.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert