Onkel Ho lebt

Dass Ho Chi Minh ein Mythos ist, ein unsterbliches Idol, haben wir ja schon geklärt. Heute wurde mir wieder bewusst, dass unsterblich in diesem Fall wörtlich zu nehmen ist.

Jedenfalls bin ich daran gescheitert, in der Redaktion einzuführen, dass wir zumindest mal erwähnen, dass er der „ehemalige“ Präsident von Vietnam ist. Beziehungsweise: war. Gesprochen wird in den Nachrichten nämlich immer nur von „Präsident Ho Chi Minh“.

Das könnte auf einige Deutsche etwas verwirrend wirken, denn Präsident ist nunmal eigentlich nicht Onkel Ho, sondern Nguyen Minh Triet.

Zur Zeit ist von Ho Chi Minh wieder besonders viel die Rede, denn am Freitag ist sein 117. Geburtstag. Zumindest offiziell, da er sein ganzes Leben lang unter fünf Dutzend Pseudonymen herumlief, ständig sein Alter geändert hat, und zudem auf dem Land aufwuchs, ist sein exaktes Alter und sein genauer Geburtstag umstritten. Also… außerhalb von Vietnam ist er umstritten.

Nun haben meine Redakteurinnen ja durchaus recht, dass eine Meldung, in der vom 117. Geburtstag die Rede ist, nicht unbedingt noch den Zusatz „ehemalig“ bräuchte. Andererseits ist der derzeit älteste Mensch 114 Jahre alt. Und von Methusalem wissen wir ja, dass er mit 187 Lamech zeugte, und danach noch 782 Jahre lebte.

Und ich bin wahrlich nicht nur einmal von deutschen Touristen gefragt worden, ob Ho eigentlich noch Präsident in Vietnam sei. Wenn man nicht genau weiß, wann er geboren ist, dann ist diese Frage auch gar nicht so sehr abwegig – immerhin lebt Castro ja auch noch.

Den wenigsten dürfte bekannt sein, dass Ho Chi Minh zur Zeit, als er 1954 ganz offiziell die Präsidentschaft in Vietnam übernahm, schon stolze 64 Jahre alt war.

Wie dem auch sei, ein „ehemalig“ gilt als Blasphemie. Onkel Ho lebt, er ist nicht „ehemalig“, sondern noch immer präsent.

Werden mich auch künftige deutsche Touristen also noch fragen müssen, wie das mit Ho Chi Minh war. Und wer zum Teufel eigentlich Lamech ist.