Katastrophenszenario

Wenn vom Klimawandel die Rede ist, und von steigenden Meeresspiegeln, dann wird immer wieder erwähnt, dass New York unter Wasser stehen könnte. Oder Hamburg oder Venedig oder die südpazifischen Inseln. Oder Holland (gut, da sind dann manche der Meinung, das sei ja gar nicht so schlimm). Oder auch Bangladesch. Bangladesch vor allem deswegen gerne, weil es ein Entwicklungsland ist, und eigentlich fat nur aus einem Flussdelta besteht, und deswegen schon bei einem Meter Meeresspiegelanstieg überschwemmt wäre.

Vietnam erwähnt niemand.

Vietnam könnte Schätzungen zufolge beim Anstieg von nur einem Meter das am schlimmsten betroffene Land der Welt sein. (Also gut, hinter Bangladesch.)

Das liegt daran, dass die produktivsten Zentren Vietnams ebenfalls in zwei Flussdeltas liegen, und außerdem eine Vielzahl weiterer Industriezweige sich an den Küsten angesiedelt hat. Außerdem leben hunderte von Fischerdörfern an den Küsten. (Also… die Dörfer leben dort nicht, sondern die Menschen in den Dörfern, aber es ist gerade spät, und ich habe zwölf Stunden Klima-Konferenz hinter mir.)

Von den Mangrovenwäldern gar nicht zu reden, sowie der Tatsache, dass Vietnam eines der artenreichsten Länder der Erde ist, die alle vom Temperaturanstieg bedroht sind. Auch wenn sie in Bergwäldern leben, weil auch Temperaturanstiege in Bergwäldern das Ökosystem durcheinander schütteln können.

Wie bereits erwähnt: Ich habe 12 Stunden Öko-Konferenz hinter mir, aber viele der dort beschriebenen Szenarien klingen sehr realistisch und schlüssig.

Vor diesem Hintergrund läuft einem natürlich erst recht ein Schauer über den Rücken, wenn man anschließend hört, wie sehr Vietnam sich darauf freut, sein Wirtschafts- und Industriewachstum noch weiter anzukurbeln. Dabei muss man ebenfalls erwähnen, dass Vietnam teilweise über Umweltschutzgesetze verfügt, wie sie selbst in Europa nicht Standard sind. Beispielsweise wird das Parlament Anfang 2008 ein Gesetz zum Schutz der Artenvielfalt unterzeichnen. (Woher der Vertreter des Umweltministeriums bereits jetzt weiß, was das Parlament 2008 unterzeichnet, lassen wir mal dahingestellt.)

Allein, leider… in der Umsetzung sind viele Gesetze noch mangelhaft. Ich erinnere nur an die Sache mit dem Wald. Und nicht zuletzt: Im Bewusstsein einer Bevölkerung muss sich etwas ändern. Wer gestern noch arm war, der denkt aber nicht darüber nach, ob morgen das Wasser in den Straßen steht. Oder wo der Müll hingeschmissen werden soll. Oder wozu man den Brillenaffen schützen sollte.

Die anwesenden Journalisten allerdings waren ziemlich schockiert. So schockiert, dass sie den anwesenden Vertreter des Umweltministeriums dreimal mit derselben Frage konfrontierten („Was tut Vietnam dagegen?“), bis er sie auch tatsächlich beantwortet hatte.

Es besteht also Hoffnung. Wenn schon nicht für Holland, dann zumindest für den beruflichen Ehrgeiz vietnamesischer Journalisten.

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