Der Affe mit der weißen Hose

Delacour-LangurenIch bin nach Affen gefragt worden. Und ich erfülle ja Wünsche. Hier sind sie also – die Delacour-Languren. Entdeckt erstmals 1930 vom Ornithologen Jean Théodore Delacour. Galt dann lange Zeit als verschollen, bis er in den 90ern vom deutschen Affenforscher Tilo Nadler in Vietnam wiederentdeckt wurde. (Edit: Also… der Affe, nicht der Forscher natürlich.)
Derzeit existieren vermutlich nur noch etwa 300 Tiere. Das Problem ist, dass die meisten Tiere (etwa 60 Prozent) sehr verstreut und in sehr kleinen Gruppen von jeweils etwa 20 Affen leben. Wird eine dieser Gruppen ausgelöscht, ist damit auch die gesamte Population eines Gebiets unwiederbringlich verloren.

Das hier aufgenommene Foto ist bereits die Vergrößerung durch ein 300mm-Objektiv, was fast schon einem durchschnittlichen Fernglas entspricht. In Realität sehen sie also aus wie kleine schwarze Punkte.

Wenn man von den kleinen Booten aus also auf diese riesige Kalksteinfelsenwand schaut, von diesigen Nebeln verhangen, dann sieht man erst einmal überhaupt nichts. Weil man auch gar nicht genau weiß, nach was man suchen soll.

Und noch bevor selbst Affenforscher Nadler mit Fernglas die Affen erspäht hat, deuten die beiden vietnamesischen Bootsführer (ohne Ferngläser) bereits auf die Felswand und rufen „Wok!“, was eines der Wörter für „Affe“ ist, genauer: für Langur.

Affen suchenSelbst dann dauert es noch ziemlich lange, bis man mit Hilfe von Angaben wie. „Da oben hat der Felsen eine Stelle, da sind zwei Zacken dicht beieinander. Siehst du die? Daran gehst du runter, runter… bis zu einer weißen Stelle, und von der aus nach rechts… da ist eine Höhle, da sitzen sechs Affen drin.“

Nun sind Zacken an Felsen nicht gerade selten, genauso wenig wie weiße Stellen oder dunkle Höhlen. Man sucht also erstmal eine Zeitlang.

Am Ende ist es dann aber doch ein sehr seltsames Gefühl, diese seltenen Tiere zu beobachten, wie sie die Wand emporklettern (man schaue nochmal auf das Foto ganz oben).

Languren in der HöhleEigentlich hieß es, sie würden abends von links nach rechts, von den Futterplätzen zu den Schlafhöhlen wandern. Leider ist das Futter nämlich an einem anderen Platz, als die Höhlen. An diesem Tag wanderten sie von rechts nach links. Beziehungsweise von unten nach oben, aber eindeutig eher Richtung links. Auf nichts mehr kann man sich heute verlassen. Nicht mal mehr auf Affen.

Delacour-Languren werden übrigens gejagt, weil ihre Knochen und Organe für diverse „traditionelle Medizin“ benutzt werden. Das Affenzentrum in Cuc Phuong zählt mindestens 30 gejagte Tiere pro Jahr. In Wirklichkeit ist diese Zahl vermutlich noch weitaus höher.

Wie gesagt: 300 sind noch da.

Weltweit. In Vietnam.

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PS: Ich mach ja normalerweise selten Werbung, aber nachdem ich das gerade so geschrieben habe, erscheint es mir auf einmal angemessen: Man kann natürlich für das Affenzentrum spenden. Oder sogar einen Affen adoptieren. Da die Arbeit direkt von Spenden abhängig ist, und das Zentrum von den Eintrittsgeldern des Parks nichts abbekommt, ist das sicherlich nicht die schlechteste Möglichkeit, wenn man sein Geld der Umwelt widmen möchte.

4 Responses to Der Affe mit der weißen Hose

  1. Gaby says:

    Ein sehr bewegender Bericht und großartige Bilder. Auch der Hinweis auf die Affenart war interessant. Danke.

  2. m says:

    Kannst Du mal erklären, wo in Vietnam das etwa liegt? Mir sagt weder der Name des Nationalparkes etwas noch der des Naturschutzgebietes?

  3. admin says:

    Der Cuc Phuong-Nationalpark liegt etwa 70 Kilometer südwestlich von Hanoi. Er ist nicht ganz oben auf der Liste der touristischen Ziele im weiteren Umkreis von Hanoi, aber völlig unbekannt ist er eigentlich auch nicht. Vor allem vietnamesische Schulklassen scheinen dort regelmäßig hinzufahren. Im Park selbst gibt es solche Dinge wie „1000-jährige Bäume“ und solche Sehenswürdigkeiten. Auf Deutsch: Die Klassen fahren dorthin, übernachten in Häusern im Park, grillen und haben Spaß.

    Ist übrigens gar nicht so weit von Tam Coc („Trockene Halong-Buch“) entfernt, was ja vielleicht eher bekannt sein dürfte. Van Long ist vom Gefühl her auch eine Art Tam Coc, nur mit weniger Touristen. Noch.

  4. Michael says:

    Nicht nur der Bericht, auch die schönen Fotos gehören in Journale oder Reiseführer, die dafür Geld zahlen.
    Michael

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