Meinungsmacher

Der Leiter des Hanoier Komitees für Propaganda, Ho Quang Loi, hat Anfang Januar erklärt, die Stadt Hanoi verfüge über ein Team von 900 „Meinungsgestaltern“ oder „Meinungsmachern“, die sich im Internet für die Linie der Partei einsetzen. Also Personen, die offenbar den ganzen Tag nichts anderes machen, als auf Webseiten, in Diskussionsforen oder auf Blogs die öffentliche Parteimeinung zu vertreten und damit Diskussionen in die (aus ihrer Sicht) richtige Richtung lenken wollen.

Das sei notwendig, weil andernfalls die öffentliche Meinung zu sehr aus dem Ruder laufen könne, sagt Loi, und das wiederum könne zu Ereignissen führen wie den spontanen Demonstrationen gegen China (und dessen Ansprüchen auf die von Vietnam beanspruchten Regionen des Südchinesischen Meers). Solche ungeplanten Demonstrationen aber hätten sehr leicht einen negativen Einfluss auf das Bild von Vietnam und „die Entwicklung des Landes“, lautet die Argumentation.

Im vietnamesischen Original findet man den kurzen Bericht unter anderem hier, die französische Presseagentur AFP hat daraus eine Kurzreportage gemacht, in der Beispiele solcher „meinungsmachenden“ Internetbeiträge zitiert werden. Unter anderem: „Wenn frühere Generationen ihr Vertrauen in die Regierung verloren hätten, so wie ihr jetzt, glaubt ihr dann, ihr würdet hier sitzen und auf Facebook posten können?“ Außerdem wird ein anonymer vietnamesischer Blogger zitiert, der die Wirksamkeit solcher Maßnahmen anzweifelt. Offenbar handelt es sich um mindestens 18 von offizieller Seite gestarteter „meinungsmachender“ Webseiten und 400 Internet-Accounts, von denen aus Menschen ihre Kommentare posten.

Ob nun die ganze Sache tatsächlich irgend einen Einfluss hat, lässt sich schwer beweisen, und angesichts der Herangehensweise zahlreicher offizieller vietnamesischer Institute und Behörden an das Thema „Evaluation“ darf man auch gerne seine Zweifel haben, ob das Hanoier Propagandakomitee überhaupt selbst weiß, wie wirkungsvoll das eigene Team ist. Eines beweist die Sache aber in jedem Fall: Partei und Regierung nehmen das Thema „Internet“ sehr ernst. Seit Anfang des Jahres wurden bereits mehrere Blogger verhaftet. Die waren ebenfalls „Meinungsmacher“. Allerdings hatten sie Meinungen, die als „falsch, gefährlich und kriminell“ angesehen wurden.

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