A prospos Schwimmen

Die meisten Vietnamesen können nicht schwimmen. Vor allem: Die meisten Vietnamesinnen können offenbar nicht schwimmen. Das Schwimmbad war voller Pärchen, bei denen der männliche Teil dem weiblichen versuchte zu erklären, wie man schwimmt.

Wenn man die Vietnamesinnen fragt, warum sie nicht schwimmen können, dann lautet die Antwort beispielsweise: „Ich habe Angst vor dem Wasser.“ Was natürlich eigentlich nicht die Antwort ist, sondern die Folge davon.

Die wahre Antwort ist dagegen völlig logisch, wenn man sich mal überlegt, warum Europäer ins Schwimmbad gehen: Um braun zu werden. Und weil man so wunderbar gleichzeitig schwimmen und braun werden kann. Oder sich bräunen kann, während man knackigen Schwimmern in Badehosen zusieht. Oder man lernt schwimmen am Meer, weil die Eltern dorthin gefahren sind, um mal so schön an die Sonne zu gehen.

Kurz und gut: Es hat alles immer mit „Sonne“ zu tun, und Vietnamesen gehen nicht an die Sonne. Vor allem keine Vietnamesinnen. Es würde hier im Traum keiner Mädchengruppe einfallen, bei der Diskussion was-machen-wir-am-Wochenende am Ende den Beschluss zu fassen „Sonnenbaden“.

Es gab im Schwimmbad eine Brücke, die über einen Kanal vom Nichtschwimmer- zum Schwimmerbecken führte. Unter dieser Brücke tummelten sich teilweise mehr Leute, als in den ganzen restlichen beiden Becken zusammen. Denn dort war Schatten.

Noch Fragen?

7 Responses to A prospos Schwimmen

  1. Gaby says:

    Ich muss dir energisch widersprechen! Schwimmen an sich ist ein sehr gesunder Sport, der Herz und Kreislauf trainiert und alle Muskeln beansprucht und eigentlich nichts mit Sonne zu tun hat. Kleine Kinder werden auch nicht wegen der Sonne ins Schwimmbad gebracht, sondern weil sie gerne im Wasser planschen. Sonne ist ein „Nebenprodukt“ im Sommer, aber denk mal an die vielen Hallenbäder!! Außerdem kann Schwimmen-können Leben retten, auch in Vietnam. Das mit dem braun werden ist meines Erachtens nur eine Ausrede. Eltern sehen wahrscheinlich nicht die Dringlichkeit, ihren Kindern das Schwimmen beizubringen, weil sie selbst Angst vorm Wasser haben und das setzt sich dann fort.

  2. m says:

    Ich widerspreche Dir auch.
    Ich bin auch keine Sonnenanbeterin. Aber Schwimmen lasse ich mir nicht nehmen. Wenn sich nach wenigen Schwimmzügen die Füße schwerelos anfühlen – einfach herrlich!
    Ich denke, dass Vietnamesen nicht schwimmen können, liegt daran, dass Müßiggang und Freizeit dort keine Tradition haben. Ich bezweifle, dass es vor zehn Jahren in Hanoi ein einziges Schwimmbad gegeben hat. Und in die Teiche ist man nicht zum Freizeitspaß gegangen, sondern aus ganz praktischen Gründen: Um Algen zu ernten, die man gehackt den Schweinen gefüttert hat. Um Heilpflanzen zu holen, die nur im Wasser wachsen und gegen Erkältung helfen sollen. Oder unartige Kinder wurden zur Strafe mitten im Teich an einen Pfahl gebunden. Das sind so Geschichten, die die heutige Elterngeneration mit ihrer Kindheit und Wasser assoziiert. Einfach unangenehm. Und die Teiche sind auch zu dreckig, um freiwillig reinzugehen.

    Die heutigen Teenager sind auch die erste Generation von Vietnamesen, die Freizeit haben. Ihre Eltern können ihnen Schwimmen oder andere Freizeitbetätigungen nicht beibringen. Sowas entwickelt sich langsam.
    Was mich aber wundert an Deiner Geschichte, ist, dass manche männlichen Vietnamesen schwimmen können. Aber vielleicht war das Algenernten ja Männerarbeit und ein paar Schwimmzüge machten dazu Sinn. Keine Ahnung.

  3. admin says:

    Holla, welch ein Gegenwind ;)

    Also gut, es war natürlich etwas überspitzt, es allein an der Sonne festzumachen. Sicherlich ist keine Sache so simpel.

    Ich lass mir mein Argument aber trotzdem nicht ganz aus der Hand schlagen: Schwimmen hat nichts mit Sonne zu tun? Schwimmen hat sehr viel mit Sonne zu tun, denn im Gegensatz zu anderen Sportarten, die man auch im Schatten ausüben kann, kann man Schwimmen meist nur in der Sonne, es sei denn, man geht ins Hallenbad. DAS aber ist sicherlich etwas „modernes“.

    Das heißt also, wer Schwimmen will, muss sich der Sonne aussetzen. Und macht das auch, Sonnenanbeter hin oder her, auch gerne. Es ist ja kein Zufall, dass Schwimmbäder in Deutschland erheblich leerer sind, sobald der Himmel bewölkt ist. Man kann ja auch bei 15 Grad Außentemperatur schwimmen.

    Und ich finde es einfach wirklich auffällig, dass Europäer im Frühling sagen „Ach, wie schön, Sonne“, und sich ein paar Minuten in die Sonne stellen um sie zu genießen. Das ist hier völlig undenkbar.

    Die fehlende „Freizeit“ mag ein Argument sein, andererseits hat Morgensport durchaus Tradition, und ich habe auch davon gehört, dass es auch schon vor einigen Jahren von den Betrieben organisierte Gruppenurlaube an den Strand gegeben hat.

    Wohlgemerkt: Ich beziehe mich hier auf Stadtbewohner. Vietnamesen, die am Meer oder am Mekong leben, schwimmen natürlich. Weil sie es brauchen. Und die Kinder plantschen dort auch ganz normal im Wasser.

  4. Tanja says:

    Die Vietnamesinen dürfen nicht baden gehen, weil man da Bikini tragen soll. Und das wollen die Eltern nicht.
    Aber ich finde intersant, dass sie jetzt sogar in Hanoi baden fürften. Kannen sie mal sagen, ob die da auch Bikini tragen. Oder baden die mit dem Rocjk?

  5. admin says:

    Hm. Also ich muss ehrlich zugeben, was Bademode angeht schienen mir die Vietnamesinnen völlig europäischen Standards angepasst. Ich habe keine besonders geschlossenen oder zugeknöpften Badeanzüge gesehen. Und auch sicherlich keinen Rock.

    Und das eigentlich in keinem der Schwimmbäder, in denen ich war.

  6. Thu says:

    Interessante Beiträge ;-) Ich habe mich jedenfalls köstlichst amüsiert. In Hanoi gab es übrigens auch vor zehn Jahren schon Schwimmbäder. Es gibt ja sogar eine Schwimm-Nationalmannschaft mit weiblichen Mitgliedern. Trotzdem habe ich ähnliche Erfahrungen mit der Scheu der Damen vor zu viel Sonne gemacht. Am Strand gehen sie übrigens laut kreischend mit voller Montur ins Wasser, allerdings nur bis Hüfthöhe. Und natürlich gibt es sonst ganz normale Badekleidung. Die (Ab-)Scheu vorm Schwimmen liegt vielleicht auch daran, dass ja sonst nur Fischer (wenn überhaupt) ins Wasser gehen. Nicht gerade sophisticated.

  7. m says:

    Also, wenn ich mir die ganzen Sonnenhungrigen ansehe, die derzeit um „meinen“ See herumliegen, dann ist Dein Argument nicht abwegig.
    Aber auch nicht zwingend.
    Denn es gibt auch Menschen wie mich: Um keinen Sonnenbrand zu bekommen, nehme ich Sonnenbäder sehr klein dosiert und meist auch das erst am Ende des Sommers.
    Baden gehe ich wegen der Hitze, aber nicht weil ich die mag, sondern weil ein See oder ein Schwimmbad oder notfalls auch die Badewanne bei bestimmten Temperaturen die Orte sind, an denen das Leben am angenehmsten ist. Ich gehe also Schwimmen, um der Sonne zu entfliehen und nicht, weil ich mich gern der Sonne aussetze.
    Das sollte auch für Vietnamesinnen und Vietnamesen eine Variante sein, die – das steht außer Zweifel – nicht braun werden wollen. Oder ist das Wasser so warm, dass das nicht mehr funktioniert?

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