Man sieht in Hanoi eigentlich nicht besonders viele Bettler oder Obdachlosen. Vor allem nicht im Vergleich zu manch anderen südostasiatischen Städten.
Aber es gibt sie. An einer Seitenmauer des Literaturtempels lag heute Morgen noch gegen 11 Uhr ein Obdachloser und schlief. E lag dort in kurzen Hosen und mit Plastiksandalen. Anstelle eines Oberteils trug er er nur eines der dünnen, billigen Plastikregencapes, in durchsichtig-blauer Farbe. Das allerdings war noch immer nass, denn es hatte die ganze Nacht über geregnet. Sein Kopf lag auf den Pflastersteinen. Mehr Habseligkeiten hatte der Mann offenbar nicht.
Tja, es ist eigentlich erstaunlich, dass du nur von wenigen Obdachlosen sprichst, in einem Land, was ja nun nicht zu den reichsten gehört. Das gleiche Bild könntest du auch bei uns sehen…. nur nicht hinter dem Literaturtempel. Wer weiß bei uns schon noch was Literatur ist?
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Reichtum ist relativ. Statistisch gesehen sind sehr viele Menschen hier „arm“, verdienen also weniger als einen Dollar am Tag (was glaube ich die offizielle Definition von arm der Weltbank ist). Nur trifft das nicht ganz den Nagel auf den Kopf, weil hier einige „arme“ Bauern leben, die sogar gar nichts verdienen, aber trotzdem wunderbar für sich selbst sorgen können.
In der Stadt sieht die Sache prinzipiell anders aus, ich nehme aber an, dass hier die Familie als sozialer Rückhalt eine entscheidende Rolle spielt. Andere „Arme“ sitzen eben als Mopedtaxifahrer herum, verdienen auch nicht mehr als deutsche Bettler (vermutlich sogar weniger), aber sehen nicht so aus.
Darüber hinaus hat Vietnam in der Tat von internationalen Organisationen viel Lob für seine Armutsbekämpfung bekommen. Nicht verschweigen sollte man an der Stelle dann allerdings auch, dass ich zumindest in Ho-Chi-Minh-Stadt auch echte Slums gesehen habe, was es in dieser Form in Hanoi nicht zu geben scheint.