Karaoke mit Küstenlandschaft

Ich weiß nicht, ob ich in diesem Blog jemals auf die Besonderheiten von Karaoke-Singen in Vietnam eingegangen bin. In Deutschland ist das mit Karaoke ja meist eher so: Es gibt einen großen Raum, darin sitzen haufenweise fremde Leute, und wer sich traut, geht nach vorne, und singt. Meistens trauen sich nur die, die wirklich gut singen können, oder diejenigen, die glauben, dass sie besonders gut singen können.

In Vietnam (und generell in den meisten asiatischen Ländern) läuft das anders ab: Man mietet hier Räume speziell für die eigene Gruppe an. Die eigene Gruppe, das können drei Freunde sein, oder dreißig Freunde. Entscheidender Unterschied ist, dass die Peinlichkeiten, die da beim Singen entstehen, niemand außerhalb des Bekanntenkreises mitbekommt. Das wiederum führt zu einer höheren Zahl an Leuten, die sich trauen, das Mikrofon in die Hand zu nehmen (was, zugegeben, nicht zwangsläufig auch das dargebotene Niveau der Sangesleistungen erhöht), und auch zu einer höheren Zahl an Leuten, die ohne Mikrofon einfach mitsingen.

Generell lässt sich außerdem zwischen zwei Arten von Karaoke-Lied unterscheiden. Die eine Version ist das klassische, echte Musikvideo, in dem einfach nur die Hauptstimme des Original fehlt. Das ist vor allem bei Videos, die schon etwas älter sind, allein zum Zuschauen unterhaltsam. Außerdem erleichtert es das Mitsingen, schließlich ist die Musik exakt originalgetreu.

Die zweite Variante ist etwas, das man eventuell folgendermaßen umschreiben könnte: Ein Keyboard klimpert eine Melodie. Ich hab als Zivildienstleistender ein Jahr im Seniorenheim gearbeitet, da kam dann in unregelmäßigen Abständen ein „Alleinunterhalter“ und spielte Musik. Er drückte irgendwo auf eine Taste, dann ertöten ein Beat, der irgendwie bei jedem Lied gleich klang, und dazu spielte der Mann dann entweder mit einer Hand eine Melodie, oder er ließ es gleich ganz bleiben.

So ähnlich klingt auch die Sparversion der Karaoke-Lieder.

Es ist bei solchen Liedern meist deutlich schwerer, a) die richtige Tonlage zu treffen, und b) das Lies überhaupt wieder zu erkennen. Beides erschwert das Mitsingen erheblich. (Was ebenfalls meist nur einen Teil der Anwesenden stört.) Dazu gibt es dann, anstelle des offiziellen Musikvideos, kleine Filmchen zu sehen, die in einer Endlosschleife durchrauschen, oder gleich von vorneherein nur aus Standbildern bestehen. Die Standbilder sind meist Bilder von vietnamesischen Sehenswürdigkeiten. Es schmettert dann also zum Beispiel jemand Bon Jovi, während auf dem Bildschirm Motorroller um die Oper fahren. Oder zu der Musik von Mariah Carey ist die Küste von Da Nang zu sehen. Das ist im besten Fall erheiternd, im schlechteren Fall ein klein wenig demotivierend.

Ich habe jetzt festgestellt, dass, konsequenterweise, auf den Philippinen bei den Karaoke-Filmchen philippinische Sehenswürdigkeiten zu sehen sind. Untermalt mit denselben Synthesizer-Klängen. Daraus folgt: Musik ist universal. Bilder sind es nicht.

Ach ja, die anwesenden, singenden Filipinos erklärten mir, in professionellen Karaokebars würden anstelle der philippinischen Sehenswürdigkeiten stattdessen sehr häufig auch Bilder von leicht- bis garnichtbekleideten Frauen gezeigt. Das wiederum ist mir in Hanoi noch nicht untergekommen. Möglicherweise gehe ich da aber auch in die falschen Karaoke-Bars.

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