Il n’y a pas photo

151 lebt erheblich von den Fotos. Ein Text, ein Foto – das ist das Konzept. Der Conbook-Verlag wollte bewusst „keine überprofessionellen Hochglanzfotos“, schließlich solle das Buch nicht in der Bildbandabteilung landen (wobei ehrlich gesagt Fritz Schumann mit Japan 151
wohl auch in der Bildbandabteilung stehen könnte). Trotzdem möchte man als Autor ja schöne, passende, hoffentlich auch spannende Bilder.

Ich lebe seit sieben Jahren in Vietnam. Ich fotografiere gerne. Meine Festplatte ist ziemlich voll mit Fotos. Eigentlich, hätte man denken können, ist das gar kein Problem: Archiv durchstöbern, Fotos zuordnen, vielleicht noch das eine oder andere schießen – fertig.

War aber nicht so.

Die Realität zeigte ziemlich schnell: Mein Archiv hatte eine ganze Reihe interessanter Motive, aber vor allem sehr viel Verkehr, Natur, Personen. Was es nicht hatte, waren ganz bestimmte Alltagssituationen oder -gegenstände, die man einfach nicht fotografiert. Warum sollte man auch? Zitronensaft zum Beispiel. Lautsprecher in den Straßen. Stände mit Banh Bao. Solche Sachen.

Eine Foto-Liste, die ich gerade beim Durchstöbern des alten Projektordners gefunden habe, listet insgesamt 70 Motive, die ich nicht in meinem Archiv hatte, und extra schießen musste. Dazu noch einmal 20 Motive, die die Überschrift tragen: „Ungeklärt“. Weil ich noch nicht einmal wusste, wie ich diese Kapitel bebildere, oder wo ich die Motive dafür her bekomme.

Korruption, Mücke und Taifun waren zum Beispiel solche Kapitel, bei denen ich anfangs keinen blassen Schimmer hatte, wie zum Teufel ich das nun bebildern soll.

Nachdem der Text im Sommer 2012 grob stand, bin ich in der Folge immer häufiger auf Foto-Spaziergänge gestartet, um bestimmte Motive einzufangen. Nicht immer wusste ich genau, ob ich auch mit den richtigen Fotos zurückkomme. Es gibt da nämlich eine gewisse Gesetzmäßigkeit: Man sieht, sagen wir, eigentlich ständig in Hanoi Menschen mit Fußballvereinsaufklebern auf den Motorrädern und Motorradhelmen herumfahren. Ständig. Überall. Aufkleber, wohin man schaut. Auf fahrenden Motorrollern, auf parkenden Motorrollern… Nur wenn man extra loszieht, um einen solchen Aufkleber zu fotografieren, kann man sicher sein, dass kein einziger vorbeifährt.

Das macht die Sache dann etwas schwierig.

Andere 151er-Autorenkollegen haben teilweise recht umfangreich auf Bilder von Freunden und Bekannten zurückgegriffen. Ich hatte irgendwie den Ehrgeiz möglichst viele Fotos selbst zu schießen. Was eine ganze Menge Arbeit bedeutete. (Umso dankbarer bin ich übrigens den sechs Freunden, die mir mit Einzelbildern ausgeholfen haben. Dazu in einem späteren Eintrag nochmal mehr.)

Umgekehrt hat mir bei einigen Fotos auch der Zufall geholfen. Sowas nennt man vermutlich ausgleichende Gerechtigkeit. Gleichzeitig waren einige der Foto-Exkursionen ganz wunderbare Gelegenheiten, seine eigene Stadt mal ganz anders kennen zu lernen. Die besten Fotos entstehen ja immer dann, wenn man ein bestimmtes Motiv sucht, und dann zufällig über etwas ganz anderes stolpert.

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