Auf dem Konsulat

Ich musste heute zum Deutschen Konsulat, um mir eine Unterschrift bescheinigen zu lassen. Das bedeutet, ich brauche einen Stempel, der schlicht besagt, dass die Unterschrift, die ich unter einen Antrag für eine offizielle Behörde geschrieben habe, auch tatsächlich meine eigene ist.

Es klingt, anders gesagt, eigentlich so, als könne das nicht allzu kompliziert sein.

Das Konsulat hat offiziell bis um 11.30 Uhr geöffnt. Ich komme um 10.45 Uhr an und stelle zunächst mal fest: Es steht nirgendwo „Konsulat“, es steht da nur „Pass- und Visastelle“. Und es stehen ziemlich viele Vietnamesen. Nämlich in einer Schlange davor. Vietnamesen mit sehr dicken Anträgen in der Hand. Einer davon kommt aus Koblenz, lebt seit 19 Jahren in Deutschland und möchte jetzt gerne seine Frau nach Deutschland holen. Dreimal war er schon hier, noch immer braucht er irgendwas. „Ich braue nur einen Stempel“, sage ich. „Ich auch“, sagt er und lacht.

11.15 Uhr. Die Schlange hat sich kein Stück bewegt. Ein Mensch kommt aus der Botschaft, und erklärt, für heute sei Schluss. Ich als Deutscher am Ende der Schlange werde nach meinem Pass gefragt und herein gewunken.
Was zwar sehr nett ist – aber irgendwie auch ziemlich unfair.

(Andererseits… zahle ich ja schließlich mit meinen Steuergeldern die Botschaftsmitarbeiter. Und wieder andererseits… zahle ich derzeit nicht besonders viele Steuern. Ich fürchte, das reicht nicht für besonders viele Mitarbeiter.)

In der Botschaft ist der Wartesaal völlig voll. Voll mit noch mehr Vietnamesen mit dicken Anträgen in der Hand. Anträge mit Geburtsurkunden, Visaforumlaren oder irgend welchen Papieren die „nur einen Stempel“ brauchen. Ein Wachmann erklärt mir, ich solle nach oben gehen. Ich finde das eigentlich wieder ziemlich unf… andererseits sieht das hier allen Ernstes so aus, als würde der Raum noch bis 18 Uhr abends warten und dann erklärt bekommen, man solle morgen wiederkommen.

Eine Angestellte schaut hinter einer dicken Scheibe stirnrunzelnd auf meinen Antrag. „Ich brauche einen Stempel, dass das da meine Unterschrift ist“, erkläre ich freundlich. Sie schaut mich an, dann schaut sie wieder auf den Antrag und auf meinen Pass. Mit Unterschirft. Eigentlich ist es doch ganz einfach, oder? „Frau Schmidt ist nicht am Platz“, sagt sie dann. „Würden Sie bitte unten wieder warten.“

11.30 Uhr. Frau Schmidt ist offenbar wieder am Platz, ich darf wieder nach oben. Der Saal ist immer noch so voll wie vorher. Ich korrigiere: Er sieht so aus, als würde man hier nicht nur heute bis 18 Uhr warten, sondern morgen auch noch.

Frau Schmidt schaut prüfend auf meinen Antrag, und fragt dann mit feierlicher Stimme:

„Erkennen Sie diese Unterschrift als die Ihre an?“

„Ja, ich erkenne diese Unterschrift als die Meine an“, sage ich zu der Unterschrift, die ich vor fünf Minuten eigenhändig auf das Blatt Papier gesetzt habe.

„Gut“, sagt Frau Schmidt, und verschwindet.

Ein paar Minuten später ist sie wieder da. Und neben meiner Unterschrift, die ich vorhin hochoffiziell als meine eigene wieder erkannt habe, prangt der Stempel der Deutschen Botschaft.

Tatsächlich, alles gar nicht so kompliziert.

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