Taxi-Driver

Bald ist Neujahr. Und es ist regnerisch kalt. Zwei Gründe, warum es derzeit fast unmöglich ist, in Hanoi ein Taxi zu bekommen. Wer sich an den Straßenrand stellt, findet nur Taxen, die schon besetzt sind. Wer sich an die Zentrale wendet, findet entweder das Besetztzeichen, oder wird informiert, dass „gleich ein Taxi“ käme, und dann fünf Minuten später zurück gerufen, dass kein Taxi verfügbar ist.

Die seriöseren Unternehmen machen das nämlich so, mit Rückruf. Was sie im Unterschied zu Deutschland nicht machen, sind Vorreservierungen oder Wartelisten. Ich nehme an, es läuft also ungefähr folgendermaßen ab. Die Zentrale ruft an alle Taxen durch: „Da ist jemand in der xy-Straße.“ Dann wartet sie drei Minuten, ob einer der Fahrer reagiert, und wenn niemand reagiert, ruft sie freundlich den Anrufer zurück und sagt, dass kein Taxi frei ist.

Man kann also derzeit 40 Minuten mit Warteschleifen oder Rückrufen verbringen, ohne vom Fleck zu kommen. Das reinste Chaos. Selbst fahren kann man bei starkem Regen auch nicht, zumindest nicht, wenn das Ziel eine halbe Stunde entfernt ist. Also… man könnte schon, aber wer will das schon, bei den Temperaturen und starkem Regen?

Ein Taxifahrer erzählte gestern, er habe in diesem Monat pro Tag jeweils eine Million Dong beiseite legen können. Bereits abzüglich der Kosten, die er an seine Firma zahlen muss. Eine Million, das sind 50 Euro, macht im Monat 1500 Euro. Kein schlechter Schnitt in einem Land mit einem Durchschnittsverdienst von etwa 2000 Dollar im Jahr (in der Hauptstadt). Ein anderer Taxifahrer bestritt das dann wiederum vehement, und sprach von ein paar hunderttausend Dong, höchstens. Der machte dann auch nach meiner Fahrt Schluss, weil seine Familie ihn drängte, heim zum Essen zu kommen. Gestern war ja wie gesagt der Tag der Küchengötter.

Ein schönes Beispiel, wie Kapitalismus den familiären Zusammenhalt zerstört. Man kann halt nicht beides haben: Die Million oder das Essen mit der Familie.

2 Responses to Taxi-Driver

  1. Cathrin says:

    Welcome back. Dir ist aber ein kleiner Fehler unterlaufen. Eine Million Dong sind nur knapp 50 Euro, nicht 500.

    Viele Gruesse
    Cathrin

  2. admin says:

    Ja, natürlich. Mir kam beim Aufschreiben schon etwas seltsam vor. Er sprach von einer Million pro Tag, also 50 Euro am Tag, macht 1500 Euro im Monat. Ich hab es korrigiert.
    Wobei ich das trotzdem immer noch nicht recht glaube. Erscheint mir eigentlich viel zu hoch. Eine halbstündige Fahrt kostet etwa 60.000 Dong, da ist man bei einem Acht-Stunden-Tag auf allerhöchstens einer Million Dong Umsatz. Keine Ahnung, wie hoch die Firmenabzüge sind, aber da müsste er schon mindestens zwölf Stunden arbeiten. Vielleicht hat er sich aber auch nur versprochen. Oder er wollte ein wenig prahlen.

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