Meine Redaktion hat sich in einen Strickkurs verwandelt. Von vier anwesenden Redakteurinnen saßen gestern drei vor den Rechnern und haben in den Wartepausen gestrickt. Schals. Das ist natürlich ein sehr sinnvoller, pragmatischer Gedanke, denn nichts braucht dieses von der Kältewelle gepeinigte Land derzeit mehr, als Schals. Und Läden für Winterbekleidung sind über Vietnam nicht gerade breit gesät.
Allerdings mutet es durchaus seltsam an, in ein Großraumbüro zu kommen, und vor fast jedem Computer strickende Frauen und große Wollknäuel auf den Tischen zu sehen. Bin gespannt, wann die unternehmerischen Vietnamesen das nächste große Kurzgeschäft wittern, und die ersten Strick-Shops die Straßen bevölkern. Für solche kurzfristigen Ideen ist man hier immer zu haben. Über den großen Reibach mit Hochzeitsläden hatte ich ja schon mal geschrieben.
Auch dazu gibt es wieder schönes Anschauungsmaterial: Als ich im September das Land verlassen habe, war gerade eine große neue Verkehrsachse fertig gestellt worden. Jetzt, fünf Monate später, sind auf beiden Seiten der Straße überall im Erdgeschoss Geschäfte eingezogen. Haus an der Straße heißt Möglichkeit zum Geldverdienen, das lässt sich niemand entgehen. Ich habe allein auf der rechten Straßenseite vier Hochzeitsläden gezählt.
Das Jahr der Ratte gilt übrigens mal wieder als ein ausgezeichnetes Jahr zum Heiraten. Allerdings ist das nichts besonderes. Hier gilt scheinbar jedes Jahr wahlweise als gutes Jahr zum Heiraten oder als gutes Jahr zum Kinderkriegen (dann muss man vorher noch schnell heiraten).
O, it is excellent to have a giant’s strength; but it is tyrannous to use it like a giant.