Onkel Ente

Es gibt ja lautmalerische Worte, die Kindern großen Spaß machen. „Kikeriki“ wäre so eines. Oder auch „Kuh“ und „Muh“. „Ente“ wiederum zählt eher weniger dazu, das klingt im Deutschen eher sperrig.

Im Vietnamesischen ist das anders, da heißt Ente „vit“. Das ist ein Wort, dem man den Spaß schon beim ersten Aussprechen anmerkt, zumal in doppelter Aneinanderreihung „vit-vit“!

Gestern war ein kleiner Junge zu Gast, der gerade sprechen lernt (es ist ja die Zeit der großen Familienbesuche – man müsste eigentlich eher sagen: der Familienwanderungen). Er wurde von seinen Eltern damit getriezt, dass er die Namen aller anwesenden Verwandten aussprechen sollte. Das ist im Vietnamesischen gar nicht so einfach, denn es gibt da beispielsweise auch Ansprech-Unterschiede zwischen der jüngeren und der älteren Tante mütterlicherseits beziehungsweise der jüngeren und der älteren Tante väterlicherseits. Und so weiter. Arme vietnamesische Kinder müssen also nicht nur einfach „Tante Ulla“ lernen, sondern gleich noch die konkrete Familienbezeichnung dazu.

Der Junge musste also die Reihe durchgehen: Tante Thu, Oma My… und Onkel David. „David“ war dann aber eindeutig zu schwer, darauf hatte er keine Lust. Stattdessen entspann sich folgender Dialog:

Mutter: „Onkel…?“
Sohn: „Vit!“ (freudestrahlend)
Mutter: „Nein, Da-Vit! Nochmal … Onkel…?“
Sohn: „Vit, Vit!“ (noch freudestrahlender)

Das ging eine ganze Weile so weiter. Am Ende zeigte er sogar zur Begeisterung der Eltern gleichzeitig auf mich und auf den Fernseher, wo auf dem Disney-Kanal gerade Enten zu sehen waren, und bewies damit, dass er immerhin wusste, was eine Ente ist, auch wenn er es mit den europäischen Namen nicht ganz so genau nahm.

Ich bin jetzt jedenfalls bis auf weiteres Onkel Ente.