Endlich verheiratet

Ende der Woche nun also der dritte Akt im Heiratsmarathon der Cousine. Nach der Verlobung und dem Essen der Brautfamilie nun das Essen der Bräutigamshochzeitsgesellschaft. Der offiziell letzte Akt der Zeremonie.

Dafür, dass es gewissermaßen der entscheidende Höhepunkt war, verlief es erstaunlich unspektakulär. Möglicherweise waren aber auch alle Beteiligten einfach viel zu erschöpft. Es war ein „klassisches“ vietnamesisches Hochzeitsessen, das heißt: Um 11 Uhr fing es an, und kurz nach 12 verließen alle Beteiligten schon wieder fluchtartig den Speisesaal.

Ich habe am selben Tag mit einem Deutschen gesprochen, der vor zwei Jahren eine Vietnamesin geheiratet hat, und dessen deutsche Gäste völlig entgeistert fragten, ob die Gäste alle unzufrieden seien.

HochzeitstorteDie Wahrheit ist: In der Heiratssaison (Winter) ist man als Vietnamese zu so vielen Hochzeiten eingeladen, dass man gar nicht mehr Zeit mitbringen kann. Die Feiern liegen absichtlich unter der Woche, und gelten nur für das Mittagessen. Der Großteil der Gäste arbeitet also und hat nur zur Mittagspause Zeit.

Die freilich auch schon (durch An- und Rückfahrt) verlängert ist. Es gibt europäische Arbeitgeber, die zu dieser Zeit regelmäßig Mitarbeiter feuern, weil sie nicht verstehen, dass diese innerhalb eines Monats auf ein Dutzend Hochzeiten gehen müssen.

Angereiste MopedsDas Problem aber ist: Jeder muss eingeladen werden, weil anschließend auch wieder jeder jeden einlädt. Es ist ein etwas absurder Teufelskreis, der noch dadurch gesteigert wird, dass von jedem Gast eine Geldspende erwartet wird (die Ausgaben für das Essen müssen ja wieder reinkommen). Die Schwiegermutter notiert dabei akribisch wer wie viel gezahlt hat, damit man bei der nächsten Hochzeit dieser Familie (die sicherlich kommen wird) exakt dasselbe zurückzahlen kann.

So gesehen gewinnt also niemand bei diesem Spiel. Höchstens der, der möglichst viele Töchter zu verheiraten hat.

Vietnam hat übrigens einen Bevölkerungsanteil von unter-15-Jährigen von über 30 Prozent. Wer durch Hanoi fährt, entdeckt überall Hochzeitsläden. Es ist sozusagen eine ungefähr so sichere Einnahmequelle wie Bestattungsinstitute in Europa.

Erschöpftes Paar

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