Der vietnamesische Fußballverband ist zur Zeit auf Trainersuche. Das gestaltet sich nicht ganz so einfach. Daran ist der Verband selbst allerdings auch nicht ganz unschuldig, denn mit dem vorherigen Trainer, dem Österreicher Alfred Riedl, ist man nicht ganz feinfühlig umgegangen.
Riedl war eigentlich hier so etwas wie ein Nationalheld, nachdem er ein paar überraschende (regionale) Erfolge mit der vietnamesischen Fußballmannschaft erreicht hatte. Unter anderem bei den Südostasienmeisterschaften, oder sogar auch bei den jüngsten Asien-Meisterschaften. Als es darum ging, dem kranken Riedl ein Spenderorgan bereit zu stellen, wurde das in Vietnam zur ehrenvollen Volksaufgabe. Die Fans rissen sich darum, ihm zu helfen.
Anschließend gab es ein paar Misserfolge, und auf einmal war Riedl schneller seinen Job los, als jeder Bayern-Trainer, der sich mit Uli Hoeness anlegt. Geduld war in diesem Fall nicht ganz die Stärke der vietnamesischen Fans, und auch nicht des Verbands.
Seitdem ist man auf der Suche. Schon in den vergangenen Wochen wurde dann plötzlich gemunkelt, heißer Top-Kandidat sei ein „deutscher Trainer“. Daraus wurde dann sogar unter in Vietnam lebenden Deutschen das Gerücht, es könne sich um Ex-Freiburger Volker Finke handeln. Immerhin war der vor einigen Monaten hier auf Urlaub, und hatte sogar an der Internationalen Schule mit großem Spaß eine Kinder-Übungsstunde veranstaltet.
Vor drei Tagen wurde dann die Liste der fünf Kandidaten veröffentlicht, die der Verband tatsächlich in Erwägung zog, bzw. sich sogar beworben hatten. Darunter waren Namen wie Francisco Maturana Garcia (zuletzt: Nationaltrainer von Trinidad und Tobago), Zoran Vulic (war mal Assistent des kroatischen Nationalteams) und … „Lebbe-geht-weiter“-Dragoslav Stepanovic (nach seinen glorreichen Stationen bei Frankfurt und Leverkusen zuletzt Trainer bei Shenyang Jinde, Zamalek Kairo und dem FK Cukaricki Stankom). Stepanovic fragte übrigens auch nach dem geringsten Gehalt und wollte nur 10.000 Dollar pro Monat haben.
Letzteren könnte man darüber hinaus schon fast als deutschen Trainer bezeichnen, immerhin hat er auch eine glanzvolle Spielerkarriere bei Wormatia Worms hinter sich (damals, als sie noch richtig berühmt waren). Mit der Zeitungsüberschrift „Deutscher Trainer ist Wunschkandidat“, war jedoch ein anderer gemeint. Der allseits bekannte Hans-Jürgen Gede.
Hans-Jürgen wer?
Hans-Jürgen Gede, so klärten die vietnamesischen Zeitungen den Leser auf, hat Trainer-Stationen unter anderem beim SV Lippstadt 08, dem KSV Hessen Kassel und der U23-Mannschaft des Iran hinter sich gebracht.
(Vielleicht zeigt das, wie utopisch die Idee war, dass tatsächlich ein Volker Finke hierher kommen würde, der ja bekanntlich immer noch damit hadert, eigentlich als Trainer völlig unterschätzt worden zu sein.)
Das eigentlich Deprimierende an der Sache aber ist: Diese zugegebenermaßen schon bereits nicht unbedingt umwerfende Liste hat sich seit Donnerstag komplett in Luft aufgelöst: Sämtliche fünf Kandidaten haben sich es anders überlegt.
Garcia macht doch lieber in Trinidad und Tobago weiter, Vulic hat sich für das russische Team Luc-Energyia Wladiwostok entschieden, der Kroate Branko Ivankovic möchte lieber Trainer des Iran werden (wobei er noch nicht weiß, ob er das auch wird, aber die iranische Taube auf dem Dach ist ihm in dem Fall lieber als der vietnamesische Spatz), Stepanovic hat sich offenbar bei seinen Vertragsverhandlungen geirrt, und möchte für seine 10.000-Dollar gar nicht in Asien arbeiten, sondern lieber in Europa, und Gede… Gede, der Top- und Wunsch-Kandidat hat bei einem malaysischen Zweitliga-Team unterschrieben, das gerade gegen den Abstieg in die dritte malaysische Liga kämpft.
Anstelle des vietnamesischen Verbands muss einem eigentlich Angst und Bange werden, wenn Kandidaten lieber solche Jobs annehmen, als nach Vietnam zu kommen.
Die Suche geht jedenfalls weiter.
Ach ja, Rainer Calmund war kürzlich auch in Vietnam. Vielleicht will der ja nochmal Trainer werden.
