Mit Mond und Trommeln

Heute ist Vollmond. Und zwar nicht irgend ein Vollmond, sondern der achte Vollmond des asiatischen Mondkalenders (nebenbei bemerkt übrigens immer identisch mit dem Herbstäquinoktium in Europa).

In China und chinesische beeinflussten Regionen auch bekannt als das „Mitt-Herbst-Fest“. Oder auch das Mondfest, das Laternenfest oder das Mondkuchenfest. Je nachdem. Es ist jedenfalls, kurz gesagt, ein großes Fest. Und ein sehr wichtiges. Zweitwichtigstes Fest nach Neujahr.

Warum man kurioserweise den Mittherbst feiert aber nicht den Mittsommer, konnte mir bislang niemand richtig beantworten, außer mit der logisch klingenden Erklärung, dass früher eigentlich fast jeder Vollmond gefeiert wurde, die meisten Feste aber in der Moderne keine Rolle mehr spielen.

Mittherbst hat wohl deswegen überlebt, weil es eine ganze Menge besonderer Bräuche gibt. Und weil es heute vor allem ein Kinderfest ist. Das leuchtet auch dem Deutschen ein, denn dank Kinderfest, Osterhasen und Eiern ist ja mittlerweile auch Ostern für den Alltagsmenschen wichtiger und bekannter als Pfingsten (auch wenn es traditionell eigentlich umgekehrt war).

Zu Mittherbst gibt es auch so etwas wie Ostereier, allerdings sind sie nicht im Garten versteckt, sondern im Kuchen. Im Mondkuchen nämlich. In den wird traditionell ein ganzes, rundes Stück Eigelb eingebacken. Oder auch mehrere. Nicht verührt, wohlgemerkt. Eine ziemlich füllende Angelegenheit, die vom Essgefühl so aussieht wie fluffiges Gebäck, im Magen aber eher mit der Schwere einer Cremetorte zuschlägt. Natürlich gibt es das in allen möglichen Variationen, auch ohne Eigelb.

Zweites Utensil sind Laternen. Kennt man im Herbst in Deutschland, nur etwas später. Vietnamesen singen auch nicht „St. Martin“, sondern sie trommeln. Dann ziehen Züge mit kostümierten Kindern, Trommeln und Laternen durch die Innenstadt und haben Spaß. Es trommelte gestern schon den ganzen Abend, obwohl Mittherbst erst heute ist. Gerade eben trommelt es wieder. Um 9 Uhr morgens. Das kann noch heiter werden. (Ein paar sehr schöne Fotos vom bunten Treiben und Kostümen gibt es übrigens auf dem Blog von Tu.)
Einen volkstümlichen Hintergrund hat die ganze Sache übrigens auch noch: In alter Zeit hatten die Eltern während der Ernte so viel zu tun, dass die armen Kinder völlig vernachlässigt zu Hause alleine spielen mussten. Zum Ende der Erntezeit gab es deshalb einen Tag, an dem sich die Eltern nur um die Kinder gekümmert haben. So bekommen es jedenfalls die Kinder erzählt, und es wird ihnen dabei verschwiegen, dass junge Eltern sich normalerweise ständig tagelang mit ihnen beschäftigen müssen.

Letzter und wichtigster Bestandteil ist natürlich der Mond. Der wird heute im wahrsten Sinne des Wortes angehimmelt, dazu begibt man sich unter freien Himmel und feiert gemeinsam. Die Straßen und Plätze und Parks und Seen Hanois werden also voll sein heute Abend. Wer als Vietnamese seine Kinder-Legenden gut kennt, der wird heute Abend auch an die „Frau im Mond“ denken. Dazu müssen wir kurz einen Abstecher machen, und uns eine Banyan-Feige vorstellen. Das sind diese riesigen Dinger mit Luftwurzeln, eine davon steht heute beispielsweise noch im Literaturtempel (für alle, die schonmal hier waren). Indien-Erfahrene kennen die Banyan-Feige als Bodhi-Baum oder ficus religiosa, was nicht exakt dasselbe ist, aber nah verwandt: Der Baum, unter dem Buddha seine Erleuchtung hatte.

Großer Baum mit Luftwurzeln also. In alten Zeiten war es verboten, gegen diesen Baum zu pieseln. Woran sich eine Frau natürlich nicht hielt. Irgendjemand hält sich immer nicht an solche Verbote. Schon allein, damit die anderen später was zu lachen haben. Als sie also zwischen den Wurzeln in der Hocke saß, erhob sich der Baum in die Lüfte, und trug sie bis zum Mond. Deswegen sieht man heute, wenn man nachts auf den Mond schaut, auch diese schwarzen Flecken. Das ist der Baum.

Wobei mir einfällt, dass ich mich eigentlich nie gefragt habe, wie der „Mann im Mond“ auf den Mond gekommen ist. Das wäre mal eine Antwort, die ich gerne auf einem „Schlaf gut, Deutschland“-Blog lesen würde.

Und wer jetzt noch weiß, welches Buchkapitel ich im Titel verballhornt habe, der bekommt bei seinem nächsten Besuch einen Mondkuchen.

2 Responses to Mit Mond und Trommeln

  1. Dom says:

    @“Schlag gut, Deutschland”-Blog

    soll es nich „Schlaf gut…“ (in Anlehnung an Ngu Ngon) heißen??! oder hab ich den Witz nich verstanden von wegen Trommeln und so..

  2. admin says:

    Nein, das war ein ganz ordinärer „Tipfpelher“.

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