Korruption, zum Beispiel

Alle Welt redet von Korruption. Überall. In Vietnam auch. Vietnam steht auch in internationalen Rankings nicht sonderlich gut da, auch wenn nach wie vor der Merksatz eines Deutschen in Hanoi unwidersprochen im Raum steht: „Vietnam ist ein Volk von Mit-Essern. Wenn Korruption passiert, dann wird sie durch die ganze Gesellschaft weiterverteilt. In anderen Ländern bereichert sich nur eine eine kleine Elite.“

Bislang habe ich bei Korruption immer an Fälle gedacht, in denen Firmen Geld an andere Firmen oder an Privatpersonen verteilen, um sich dadurch persönliche Vorteile zu verschaffen. Einen besonders guten Auftrag zu gewinnen, zum Beispiel, oder ein besonderes Grundstück oder sonst irgend eine Gefälligkeit.

Es geht aber auch ganz anders. Dann nämlich, wenn die Firma gar nicht ihr eigenes Geld verdient, sondern ihr Budget vom Staat bekommt. Dann sind plötzlich noch ganz andere Tricks möglich. Zum Beispiel kann ich die gesamte Firma mit neuen Computern ausstatten. Oder mit einer neuen Klimaanlage. Und dann lasse ich die ausführende Firma eine Rechnung über 2 Millionen Dollar schreiben. Obwohl die Computer nur eine Million gekostet haben. Oder vielleicht auch nur 100.000 Dollar. Der Staat zahlt ja. Das Geld wird dann aufgeteilt, zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Und alle freuen sich.

Ziemlich genau das ist gemeint, wenn die vietnamesische Regierung immer wieder anmahnt, es müsse mehr gegen „Korruption und Verschwendung“ getan werden. Die Verschwendung ist in diesem Fall nichts anderes, als eine sehr gezielte Ausprägung von Korruption und persönlicher Bereicherung. Insofern ist der Begriff Verschwendung eher euphemistisch.

Da diese Praxis aber ziemlich verbreitet ist, bräuchte der Staat wiederum ein Heer an Gutachtern und Revisoren, und selbst die würden wenig finden, weil nicht wenige vietnamesische Firmen gleich zwei Bücher führen: Eins für die Steuer, und eines für den privaten Gebraucht. Man will ja nicht den Überblick über seine eingenommenen Millionen verlieren, und mit wem sie alles geteilt werden müssen.

Der Staat hat aber weder das eine noch das andere, der Staat sitzt nur ziemlich hilflos einer Armee von Staatsbetrieben vor, die irgendwie nicht so ganz das machen, was sie sollen. Privatisieren wäre natürlich eine Möglichkeit, dann muss zumindest nicht mehr der Staat zahlen. (Ob die Firmen dann ihr raffgieriges Gebahren ändern, wäre noch eine ganz andere Frage). Andererseits verdient er dann an dem Unternehmen auch nichts mehr. Auch darum geht es ja schließlich.

2 Responses to Korruption, zum Beispiel

  1. Florian says:

    Hallo,

    das passiert nicht nur wenn das Geld vom Staat kommt, und nicht nur wenns um grosse Summen geht, sondern das ist ganz alltäglich. Die Sekretärin, Fahrer, etc. gehen Schreibwaren einkaufen, tanken, oder was auch immer. Fast immer kannst du davon ausgehen dass Käufer und Verkäufer auch was vom fremden Geld haben.

    Häufig muss man (besonders mit einer ausländischen Verwaltung im Nacken) bei Einkäufen von zb. einem Drucker 3 Vergleichsangebote einholen. Kein Problem, einfach in einen x-beliebigen Laden gehen, dort bekommt man ausser einem überhöhten Angebot auch noch gleich 2 weitere noch höhere dazu.

    Grüße!

  2. m says:

    Oder die Touristenführer von Europäern. Wenn die einen Verkäufer nach dem Preis einer Tischdecke fragen, die eine Touristin kaufen will, dann fragt der Verkäufer gleich, wie viel Prozente der Touristenführer denn dafür bekommt und rechnet die beim Preis mit drauf. Die Touristen verstehen es ja nicht. Außer manchmal.
    P.S. Ich habe hier lange nicht mehr vorbeigeschaut, aber Dich an anderen Orten im Internet ein wenig vermisst.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert