Deutsche April-Traditionen…

Manchmal scheint es mir, je länger man im Ausland ist, desto mehr hat man auf einmal Spaß an Dingen an der Heimat. Das ging mir schon während meines Studiums so, als ich plötzlich meinen heimischen Dialekt sympathisch fand, den ich vorher nicht ausstehen konnte.

Hier in Vietnam hatte ich kurz vor Weihnachten auf einmal Heißhunger auf Lebkuchen, obwohl ich Lebkuchen normalerweise nicht sonderlich mag, und rund um Fastnacht verspürte ich den Drang, mir „Mainz, wie es singt und lacht“ anzusehen.

Leute in den April zu schicken fand ich immer sehr albern, obwohl ich umgekehrt nach möglichst gut gemachten Aprilscherzen in Zeitungen immer Ausschau gehalten habe. Gestern überkam es mich dann seltsamerweise. Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass die ganze Sache so offensichtlich ist, dass alle sich höchstens an die Stirn tippen.

Stattdessen habe ich panische Anrufe von Verwandten bekommen, und ein paar sehr mitfühlende E-Mails und Kommentare, über die ich mich sehr gefreut, aber auch ein bisschen geschämt habe, denn „fishing for compliments“ sollte das hier eigentlich nicht werden. Die einzige, die mich offenbar sofort verstanden hat, war Tu. Jedenfalls habe ich über ihren Kommentar herzhaft gelacht.

Was schon wieder eine gewisse Ironie in sich birgt, wenn der einzige Leser, der an Aprilscherz denkt, eine Vietnamesin ist.

Also, wie auch immer, liebe Leser: Ich schreibe selbstverständlich noch bis Ende des Jahres weiter, und höchstwahrscheinlich auch über das Jahr hinaus. Und ein Satz wie „Zwei Jahre Vietnam sind genug, es gibt nichts zu erzählen“ käme mir niemals ernsthaft über die Lippen. Ganz ehrlich.

3 Responses to Deutsche April-Traditionen…

  1. Benem says:

    Es WAR total offensichtlich und trotzdem…irgendwie glaubhaft…

    „fishing for compliments“ kam mir auch schnell in den Sinn, obwohl ich es nicht glaube.

    Trotzdem ein guter Blog,
    aberdasmirdasnichtnochmalvorkommt!

    Ben

  2. Linksaussen says:

    ohgott, ich bin beschämt.

  3. Tu says:

    :D :D
    ja, mit dem Satz “Zwei Jahre Vietnam sind genug, es gibt nichts zu erzählen” habe ich auch gelacht. alles hast du sehr gut geschrieben damit leute glauben mussten, aber mit diesem satz hattest du Misserfolg. :P

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