Die Straße, in der mein Haus liegt, war bis gestern eine Einbahnstraße. Es gibt ziemlich viele Einbahnstraßen in Hanoi, sie machen das durchqueren der Stadt zwar nicht unbedingt einfacher, aber sie sorgen auf jeden Fall für etwas besser fließenden Verkehr, weil die Vietnamesen sich ja prinzipiell ungern auf eine einzige Spur beschränken.
Wie gesagt: Bis gestern. Seit Montag ist die Straße plötzlich in beide Richtungen befahrbar. Es gab dafür keine Warnung. Es stehen auch keine großen Schilder in der Gegend herum. Es ist nur das Einbahnstraßenschild verschwunden, und Ampeln stehen jetzt in beiden Fahrtrichtungen.
Das sind Änderungen, die einem nicht unbedingt auffallen, weil man nicht nach etwas schaut, das weg ist.
Anders gesagt, seit gestern herrscht ein ziemliches Chaos. Alle fahren weiter so wie bisher (auf beiden Spuren in eine Richtung), nur etwas mehr Leute als vorher fahren jetzt auch in die andere Richtung. (Es fuhren schon immer vereinzelt Leute in die Gegenrichtung, schließlich leben wir in Vietnam.) Der einzige Unterschied: Jetzt fahren auch Autos und Kleinbusse in die Gegenrichtung. Das kann sehr weh tun, wenn man der Meinung ist, dies sei nach wie vor eine Einbahnstraße.
Ich bin auch nicht wirklich sicher, ob das Ganze eine gute Idee ist. In der Straße sind mehrere Stellen, an denen leicht Staus entstehen können, weil Menschen in drei Reihen davor parken (eine Schule, ein großes Hochhaus…). Das war in der Vergangenheit schon immer schwierig, mit Gegenfahrbahn wird es sicherlich zu chronischen Verstopfungen führen.
Schade eigentlich, die Straße war bislang immer sehr angenehm zu befahren. Auf der anderern Seite war ich heute abend so schnell zu Hause, wie noch nie, weil ich keinen Umweg fahren musste.
