Fahrstuhlstudium

Hanoi ist für eine Stadt ihrer Größe eine Stadt mit sehr wenigen Hochhäusern. Das ist, aus meiner ganz privaten Sicht, eine sehr schöne Sache, denn Hochhäuser tendieren dazu, alle gleich auszusehen. Das Fehlen der Hochhäuser gibt Hanoi einen ganz eigenen Charakter.

Man merkt es allerdings auch an ganz anderer Stelle: Viele Vietnamesen haben keine Ahnung, wie ein Fahrstuhl funktioniert. Das merke ich unter anderem daran, weil ich in einem Haus mit Fahrstuhl wohne. Also sehr viel Fahrstuhlstudium betreiben kann. Und die Erkenntnisse sind: Wenn Vietnamesen auf einen Fahrstuhl warten, der sie nach unten bringen soll, dann drücken sie gerne die Taste „nach oben“, schließlich sagt ihnen ja die elektronische Anzeige, dass der Fahrstuhl gerade unten ist, und jetzt bitteschön zu ihnen nach oben kommen soll.

Das ist natürlich einerseits schlüssig, andererseits aber leider völlig falsch.

Andere Fahrstuhlbenutzer drücken auch gerne mal einfach gar nichts, sondern erwarten, dass die Fahrstühle magischerweise irgendwie bei ihnen anhalten, was im Erdgeschoss sicherlich sehr oft der Fall ist, im 9. Stock jedoch wiederum nicht.

Und dann gibt es noch jene, denen viel zu spät einfällt, dass sie auch im Fahrstuhl etwas drücken müssen. Das sind dann diejenigen, zu denen man in die Kabine steigt, auf „1“ drückt, während sie im gleichen Moment auf „12“ drücken, und sich dann wundern, warum der Fahrstuhl erst nach unten fährt, schließlich stehen sie doch schon viel länger drin.

Es gibt sogar ein Hochhaus in Hanoi, in dem ein supermoderner Fahrstuhl eingebaut ist, bei dem man innen überhaupt nichts mehr drücken kann. Stattdessen muss man außen die Stockwerksnummer eingeben, zu der man gelangen will. Die Fahrstühle berechnen dann automatisch, welche Reihenfolge und Fahrtzeit nun die geschickteste wäre und halten dementsprechend. Das verwirrt sogar Ausländer regelmäßig, die innen panisch nach Knöpfen suchen.

Es schafft natürlich ein weiteres Problem: Es verwirrt diejenigen Vietnamesen, die eh schon am normalen Fahrstuhl verzweifeln, nur umso mehr.

One Response to Fahrstuhlstudium

  1. Arnd says:

    In Deutschland warten augenscheinlich gehfähige Menschen gerne 10 Minuten auf den Fahrstuhl, um dann zwei Stockwerke weit zu fahren…

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