Mehr Asean

Der Asean-Gipfel hat begonnen. Die Philippinen werden in den nächsten Tagen die anderen Mitgliedsstaaten überzeugen zu versuchen, dass die Asean-Menschenrechtskommission ihren Sitz auf den Philippinen bekommt. Und Indonesien hat mit Brunei (ein Sultanat mit 400.000 Einwohnern und viel Öl) vereinbart, dass 2011 nicht Brunei Vorsitzender des Länderverbands wird, sondern Indonesien.

Entscheidendstes Ergebnis des ersten Tages: Die Außenminister haben ein Protokoll für den Streitschlichtungsmechanismus unterzeichent. Die Streitschlichtungsfrage ist ein alter Hut für die südostasiatische Gemeinschaft. Konkret geht es um die Frage:  Wenn zwei Länder einen Vertragsparagraphen unterschiedlich beurteilen – wie wird das gelöst? (Wenn doch eigentlich innerhalb der Gemeinschaft das Prinzip der Einstimmigkeit gilt.)

Das galt früher vor allem für Wirtschaftsvereinbarungen, heute gilt es zusätzlich noch für die neue Charta, was der Sache neuen Wind verleiht.

Dabei steht eine Frage immer wieder im Raum: Darf irgend ein Asean-Gremium Sanktionen verhängen, wenn sich ein Mitgliedsstaat nicht an die Paragraphen hält? Darf überhaupt ein Land seine Meinung oder Interpretation einem anderen aufzwingen? In der Vergangenheit ist diese Frage immer wieder mit „nein“ beantwortet worden. Das hat der Asean den Vorwurf eingebracht, eine „Schwatzbude“ und ein zahnloser Tiger zu sein, aber ganz so einfach liegt der Fall nicht. Man muss dabei in Erinnerung behalten, dass sich hier, ganz im Gegensatz zu Europa, Staaten zusammen gefunden haben, die sich bis heute noch mit Soldaten gegenseitig belauern (Thailand und Kambodscha) oder Territorialstreitigkeiten ausfechten (lange Zeit beispielsweise Malaysia und Indonesien, aber wenn man die Frage der Seegrenzen hinzu nimmt, eigentlich bis heute fast alle).

(Ob das unbedingt so eine gute Idee ist, auf diesem Fundament einen Verband von Staaten zu gründen, lassen wir hier mal außer Acht.)

Wären die Staaten nicht zu dem Entschluss gekommen, ihre Gemeinschaft auf die Prinzipien von gegenseitigem Einverständnis und ohne Strafen zu gründen, dann gäbe es diese Gemeinschaft wohl bis heute nicht. Schon 1976 wurde übrigens die mögliche Gründung eines „Hohen Rats“ in den Verträgen festgehalten, der mit Einverständnis zweier streitender Parteien vermitteln und moderieren, nicht jedoch entscheiden darf.

Das neue Protokoll erwähnt nun offenbar erstmals den Begriff „Schiedsspruch“. Es besagt, dass die streitenden Parteien eine dritte Partei anrufen dürfen, um von ihr einen Schiedsspruch zu erhalten, der dann bindend ist. Auch wenn, wohlgemerkt, dieser Schiedsrichter nur auf Zustimmung beider Parteien in Aktion treten darf, wäre das in der Tat eine kleine Revolution für die Asean.

Nun ist solch eine Erklärung eine Sache, ob sie tatsächlich angewendet wird, ist eine ganz andere Frage. Der Kommentar in der Jakarta Post bezweifelt das. Erst recht, wenn es um Paragraphen gehen wird wie „die Prinzipien der Demokratie“ und „Menschenrechte“, die in der neuen Asean-Charta ausdrücklich festgeschrieben sind, die aber von den zehn Ländern sicherlich auf höchst unterschiedliche Weise interpretiert werden. Aber man muss gar nicht in dieses Wespennest stechen, auch bei Wirtschaftsstreitigkeiten ist fraglich, ob zwei Länder sich wirklich einem Schiedsspruch unterwerfen wollen.
Was bleibt?

Die Option auf einen neuen Schiedsspruch-Mechanismus, der möglicherweise, wenn alle einverstanden sind, ins Leben gerufen werden kann. Die Asean bewegt sich weiterhin in Tippelschritten voran. Man kann das durchaus sowohl negativ als auch positiv sehen.

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