Vogelfrei

Die Naturschutzgesetze in Vietnam sind eigentlich und zumindest auf dem Papier sehr streng, was nichts daran ändert, dass Wilderei trotz allem ein Problem ist. Bewohner in der Nähe von Naturschutzgebieten jagen Tiere, um ans tägliche Essen zu kommen. Viel schlimmer aber: Professionelle Händler jagen seltene Tiere, weil man damit in Restaurants oder in Apotheken ein Vermögen machen kann. Es gibt nichts, was sich nicht in Alkohol einlegen lässt, und dann angeblich gegen irgendwelche Zipperlein hilft, in gefühlten 90 Prozent gegen Impotenz. Und lebensgroße Gibbons in einer überlebensgroßen Schnapsflasche sind wahrlich kein lustiger Anblick.

Unlängst war ein Biologe mit dem Direktor eines Nationalparks unterwegs. Auf der Autofahrt hörte er plötzlich den Gesang sehr seltener Vögel, die eigentlich vom Aussterben bedroht sind. Er sah sich irritiert um (gut, in Vietnam denkt man ja mittlerweile erst mal an ein Handy), und entdeckte haufenweise Käfige mit den gefangenen Vögeln im Auto. Der Nationalparkdirektor verdiente sich sein Nebengeld als Wilderer oder zumindest als Hehler.

Entsetzt sprach der Biologe den Mann an, worauf dieser lächelnd abwinkte: „Keine Sorge. Das sind Wandervögel, die stammen gar nicht aus Vietnam. Für die gelten keine vietnamesischen Gesetze, die sind ja nur auf der Durchreise.“

Auch in Vietnam hat „vogelfrei“ also mehr als eine Bedeutung.

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