Religion und Nüsse

Ein Mitarbeiter einer großen Deutschen Bank kommt nach Hanoi und wird bei uns eine Stadttour machen. Ich sage mal weder das genaue Ankunftsdatum, noch werde ich seinen vollen Namen nennen. Nennen wir ihn also Josef A. Es herrscht nämlich erhöhte Sicherheitsstufe. Wir mussten vorab den genauen Routenplan melden, damit der Mitarbeiter bewacht werden kann.

Nun passiert es ja mittlerweile gelegentlich, dass Deutsche im Ausland entführt werden. So wie vergangenes Jahr Jürgen C. Jürgen C. war auch schon hier, und hat in unserem Touren-Büro eine Stadttour gemacht. Und er wurde entführt. Allerdings nicht beides gleichzeitig. Denn entführt wurde er ja bekanntlich im Jemen.

Vietnam ist demgegenüber eigentlich ein sehr sicheres Reiseland. Es herrscht keine Putsch-Gefahr, und es gibt auch keine religiösen Minderheiten, die zu terroristischen Maßnahmen greifen könnten, weil sie sich diskriminiert fühlen. In sozialistischen Ländern sind bekanntlich alle gleich, also wird folglich auch niemand diskriminiert. Auch wenn das in manchen sozialistischen Ländern eher darauf hinausläuft, dass alle Religionen gleich unerwünscht sind. Wegen Opium und so.

Dass Vietnamesen auf der Straße sitzen und sich in der Mittagspause mit einem Zug Opium volldröhnen, sieht man übrigens auch gelegentlich. Es ist aber verboten. Genauso wie grundsätzlich alle Straßenverkäufe, Straßencafés und das Überqueren von roten Ampeln. Verbote sind ein wenig relativ in Hanoi.
Es gibt auch keine ethnischen Minderheiten, die die Unabhängigkeit fordern und deswegen Leute entführen. Bei unserem kürzlichen Abstecher nach Mai Chau in das Dorf der Thai hing zwar neben der vietnamesischen Landkarte auch die thailändische und darüber ein Bild des thailändischen Königs. Der Besitzer der Hütte erklärte aber aus tiefster Überzeugung, dass diese beiden Stücke nur unlängst von thailändischen Touristen hier an der Wand vergessen wurde.

Es gibt also, kurz gesagt, keinerlei Gründe, warum man in Vietnam entführt werden könnte. Und bekanntlich war ja auch die Entführung von Jürgen C. im Jemen damals ein einziges Missverständnis. Der Deutsche saß anschließend als Gast bei den Beduinen im Zelt und futterte vermutlich Nüsse.

Womit wir wieder bei dem Bankier wären. Der hatte in Deutschland zuletzt einen stressigen Alltag, und möchte sich nun vermutlich in Vietnam erholen. Zwischen leisen Straßenverkäufern, die es eigentlich gar nicht gibt und braven Verkehrsteilnehmern, die an jeder roten Ampel halten. Denn Vietnam ist bekanntlich Opium für die Seele.

2 Responses to Religion und Nüsse

  1. Patrick says:

    Siehst du. So einfach geht das ;)

  2. m says:

    Hallo, David,
    hier habe ich also Deinen Blog gefunden. Hatte es vorher schon versucht unter http://www.frogier.de. Aber da war mir der Einlass versperrt.

    Wollte Dir nur mal mein Kompliment für diese Glosse weiterreichen. Auch wenn sich die feinen Anspielungen möglicherweise nur Insidern erschließen – auch die wollen schließlich mal lachen.

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