Geld verstecken

Es heißt ja immer, Têt sei wie „Weihnachten, Ostern und Geburtstag auf einmal“. Das mit Weihnachten habe ich ja auch schon herausgefunden, Geburtstag ist ebenfalls klar, weil alle ja gleichzeitig ein Jahr älter werden. Was es mit Ostern zu tun haben soll, war mir bislang noch nicht deutlich. Bis heute.

Vietnamesen gehen an Têt in den Tempel oder die Pagode und beten. Um Reichtum, um Gesundheit, um ein erfolgreiches Jahr, um einen Sohn. Um alles, was einem so einfällt. Dazu opfert man Geld. Es gibt zwar offizielle Spendenboxen, aber da es in einer Pagode oder einem Tempel meist so unglaublich viele Gestalten gibt, zu denen man beten kann, verteilt man das Geld. Und zwar möglichst kreativ. Im Maul eines Drachen findet sich ein Geldschein, oder zwischen den Fingern eines steinernen Tempelwächters. An allen Scheiben und Türen stecken auch irgendwo versteckt Geldscheine.

Der Grund ist angeblich: Wenn man sein Geld einem Heiligen oder einer Gottheit widmet, die nicht so viel von anderen erhält, dann ist man im Vorteil. Also werden möglichst kreative Plätze für die Geldabgabe gesucht.

Ostern eben: Geld verstecken. Oder Eier. Eier lagen auch auf den Altären.

Das Geld kommt dabei am liebsten in Form von 200-Dong-Scheinen. Nun sind 20.000 Dong bekanntlich etwa ein Euro. 200 Dong entsprechen also einem Cent. Das ist selbst in einem Land, wo man günstig einkaufen kann, sehr wenig. Die 1000er-Note ist eigentlich im Alltag das kleinste Zahlungsmittel. Ungerade Beträge darunter werden meist auf- oder abgerundet. Wer einen 500er-Schein bekommt, ärgert sich meistens, weil er jetzt noch einen zweiten finden muss, um etwas damit anfangen zu können. Es sei denn, er möchte einen einzelnen Briefumschlag kaufen, oder so etwas.
200-Dong-Scheine sind wegen ihres geringen Wertes sehr selten. Die vietnamesische Staatsbank druckt nicht so viele davon. Da man aber seine kleinen 200-Dong-Scheine überall verteilen möchte, erfreuen sie sich sehr großer Beliebtheit bei den Vietnamesen. Man kann sie bei „Geldhändlern“ in großen Packen einkaufen: Für ein Paket von 100.000 Dong in Form von 200-Dong-Noten zahlt man 200.000 Dong.

Da sage noch einer, Geld sei ein logisches Zahlungsmittel, wenn es noch nicht mal das wert ist, was draufsteht. Dabei gilt die Faustregel: Je kleiner die Note, desto teurer.

Ach ja, und wo bekommen die Geldhändler die 200er-Scheine her? Unter anderem von den Pagoden. Die sammeln alle Scheine ein, wissen dann aber nichts damit anzufangen, sondern verkaufen sie an die Händler.

PS: Viele Vietnamesen opfern die 200er-Scheine auch nicht einzeln, sondern gebündelt. Beispielsweise fünf Scheine gleichzeitig. Macht also 1000 Dong. Für die man 2000 Dong bezahlt hat. Manche Dinge muss man nicht verstehen. Vor allem nicht Religion.

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