Warum der Hase eine Katze ist

Wir starten heute eine neue kurze Serie zum Neujahrsanfang. Am 3. Februar beginnt in Vietnam das Neue Jahr. Das ist in sehr vielen asiatischen Ländern so. In Vietnam nennt man es das „Jahr der Katze“. Das ist in keinem anderen asiatischen Land so.

Deshalb kurz ein Schritt zurück: Wie möglicherweise bekannt sein dürfte haben die Chinesen zwölf Tierkreiszeichen, allerdings nicht eines pro Monat, sondern eines pro Jahr. Warum ein ganzes Jahr lang alle Kinder, die unter einem Tierkreiszeichen geboren werden, (nicht) dieselben Eigenschaften haben, und welche das im Jahr der Katze sind, klären wir in den nächsten beiden Folgen.

Widmen wir uns erst einmal der Katze. Die Katze ist in der chinesischen Systematik ein Hase. Das die Vietnamesen ein Tier nicht exakt übernommen haben, ist jetzt erst einmal nichts Ungewöhnliches. Zum Beispiel ist das Schaf (China) auch eine Ziege (Vietnam) und der Hahn (China) ist ein Huhn (Vietnam). In Japan wurde aus dem Schwein (China) ein Wildschwein, und in Thailand aus dem Drachen (China) ein Naga (ein mythisches Schlangenwesen).

All diesen Umwandlungen ist gemein, dass sie ziemlich viel gemein haben. Der Unterschied zwischen Hahn und Huhn ist nicht weiter aufregend und auch nicht der zwischen Schwein und Wildschwein.

Was uns vor folgende Frage stellt: Was zum Teufel hat der Hase mit der Katze gemein? Oder: Wie wurde der Hase zur Katze.

Darüber gibt es so viele Theorien, dass einen der Verdacht beschleicht: Niemand weiß es.

Erste Theorie: In Vietnam gab es keine Hasen, deswegen wurde einfach ein „ähnliches Tier“ eingeführt. Das ist falsch. Ein kurzer Blick ins Lexikon beweist, dass sowohl der Chinesische Hase, als auch der Yunnan-Hase in Vietnam auftauchen – zumindest im Norden des Landes, und um den geht es ja immer, wenn wir in die Tiefen der Geschichte eintauchen. Es gibt sogar eine in Vietnam berühmte Legende über den „Weißen Hasen im Mond“ (die freilich ihren Ursprung auch in der chinesischen Mythologie hat).

Die am weitetsten verbreitete Erklärung ist folgende: Das chinesische Wort für Hase lautet gesprochen „mao“. Das vietnamesische Wort für Katze ist „meo“, wird aber fast identisch zum chinesischen „mao“ ausgesprochen. Ergo: Übersetzungsfehler.

Das klingt einleuchtend, ist aber bei genauerem Hinsehen etwas befremdlich. Erstens: Es steht völlig außer Frage, dass die Chinesen vor mehreren hundert Jahren bei einer ihrer Eroberungen von Vietnam die Tierkreiszeichen mitbrachten. Hätte dabei ein solcher Übersetzungsfehler nicht auffallen müssen?

Desweiteren ist zwar die Aussprache gleich, die schriftliche Umsetzung aber völlig unterschiedlich. Und in Vietnam benutzte man damals noch chinesische Schrift.

Und schließlich: Offenbar gab es noch im 19. Jahrhundert Vietnamesen, die von sich ausdrücklich behaupteten, sie seien im Jahr des „Hasen“ geboren, nicht der Katze. Belegt ist das zumindest von Phan Boi Chau, einem in Vietnam sehr berühmten Nationalisten. Allerdings war Phan Boi Chau sehr von der japanischen Kultur beeinflusst (in der es den Hasen als Tierkreiszeichen gibt). Ist er jetzt die Ausnahme, oder die Regel? Wurde die Katze erst im Laufe der Jahrhunderte in Vietnam eingeführt – vielleicht, als die Vietnamesen sich von der Chinesischen Schrift abwandten und die Verwechslung nicht mehr auffiel?

Eine dritte Theorie besagt, dass nicht nur in Vietnam, sondern auch im Alten China die Aussprache von „Katze“ und „Hase“ sehr ähnlich gewesen sei. Als die Tierkreiszeichen von China nach Vietnam importiert wurden, hätten die Vietnamesen die Version der Katze übernommen, aber, so betonten vor allem vietnamesische Forscher, eben nicht als Übersetzungsfehler, sondern ganz bewusst. Wie viel vietnamesischer (Forscher)-Nationalstolz in dieser Theorie steckt, ist schwer zu sagen.

Was bleibt?

Der Hase ist eine Katze. Und so ganz genau weiß niemand, warum. Ein spannendes Feld für künftige vietnamesische Historiker, die sich dazu wohl gezielt in alte Akten, Urkunden und Holztafeln stürzen müssten, um herauszufinden, zu welchen Zeiten die Vietnamesen angefangen haben, gezielt von der „Katze“ zu sprechen.

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