„Mega“-Wochenende

In Deutschland würde man so etwas vermutlich ein Super-Wochenende nennen. Oder sogar ein Mega-Wochenende oder ein Unbeschreibliches-Superlativ-Wochenende. Erst (Samstag) der Geburtstag von Ho Chi Minh. Dem Staatsgründer, dem ewigen Präsidenten, dem Mythos, dem Vorbild, dem Über-Gott des Landes. Am Sonntag schließlich die Wahl für das Parlament. Ja, selbstverständlich, auch in einem sozialistischen Land wird gewählt. Die Nationalversammlung hat in etwa 500 Sitze, und es standen 876 Kandidaten zur Wahl. Damit enden dann allerdings die Gemeinsamkeiten zu europäischen Parlamentswahlen. In jedem… (more…)

Ich kann alles erklären

Man schaue sich erstmal dies hier an. Da wird doch tatsächlich ein Mensch zitiert, dessen Nachnamen meinem ein wenig ähnlich ist. Der Hintergrund ist in etwa folgendes: Ich wurde tatsächlich selbst interviewt. Von einer Kollegin aus der vietnamesischen Radio-Abteilung. Wie ich denn die Wahlen finde. Was ich als Ausländer über die Wahlen denke. Frage eins lautete: „Glauben Sie, dass die Wahlen für Vietnam wichtig sind?“ Mein anfängliches Zögern (die ganze Situation war schon sehr seltsam) wurde überbrückt mit einer für… (more…)

Vorteil für Ausländer

Westlich aussehende Ausländer genießen in Vietnam, man muss es eigentlich so formulieren, eine Art positiv gedrehten Rassismus. Sprich, man darf sich als Ausländer einiges erlauben, womit Vietnamesen nicht durchkämen. Das fängt schon bereits im Straßenverkehr an, wo die Polizei niemals Ausländer aufhält, wenn sie bei Rot über die Ampel fahren. Unter anderem, weil die Polizisten fürchten, dass sie sich nicht mit dem Sünder verständigen könnten. (Und möglicherweise auch, weil bei einem Ausländer die Chance geringer ist, dass er das Bestechungsgeld… (more…)

Trunken von allem

Und Sprache zum Dritten. Kennt das Deutsche ein Wort für jemanden, der zuviel Kaffee getrunken hat? Außer „Schlaflosigkeit“ oder „Herzrasen“? Ich glaube nicht. Die Vietnamesen sind uns da abermals voraus, und kennen nicht nur „betrunken von Alkohol“, sondern auch „betrunken von Kaffee“, „betrunken von Tee“ (und Achtung, der vietnamesische grüne Tee ist so stark, dass er einem unverdünnt die Schuhe von den Füßen schlagen würde, wenn man in vietnamesischen Wohnzimmern nicht ohnehin meist keine Schuhe tragen würde) und auch „betrunken… (more…)

Wer ist William Cuong?

Und wieder was gelernt. Wer kennt William Cuong? Das ist ein Mensch, den man hier immer wieder mal treffen kann. „Wo ist denn Hoa?“, fragt man das Kollegium, und die Antwort lautet: „Die tifft gerade William Cuong.“ Da ich nun ziemlich genau weiß, dass in der näheren Umgebung um unser Büro herum kein William Cuong arbeitet, Hoa aber gerade vor ein paar Minuten das Zimmer verlassen haben muss, erlaube ich mir einen fragenden Blick und ernte ein allgemeines Kichern. Also… (more…)

Stell dir vor es ist Erdbeben…

… und ich merk’s nicht. Die Zeitung meldet „hunderte“ seien gestern panisch auf die Straße gerannt. Wäre ich vermutlich auch, wenn auf einmal das Haus anfängt zu wackeln. In Laos gab es gestern ein 6,1-Stärke-Erdbeben. Die Auswüchse waren bis nach Hanoi zu spüren. Also, zu spüren für Leute, die es gespürt haben. Angeblich sind im Stadtzentrum mehrere Bauarbeiter ebenfalls entsetzt davon gerannt. Da ich gestern im zweiten Stock eines Hauses im Stadtzentrum war, wundert mich das. Andere Zeugen erzählen auch… (more…)

„Leihst du mir mal ein Schluck Wasser?“

Es gibt ja Worte, die gibt es nicht. Zumindest nicht in der deutschen Sprache. Eines der bekanntesten ist ja die Sache mit Essen und Trinken. Das Gegenteil von hungrig ist „satt“ und das Gegenteil von durstig … gibt es eben nicht. Dann gibt es Worte, von denen einem gar nicht auffällt, dass es sie nicht gibt. Die Sache mit dem Leihen zum Beispiel. Wer sich etwas ausleihen möchte, der will es auch zurückgeben. Bei einem Bleistift ist das kein Problem,… (more…)

Surrealistischer Realismus

Viele Leute sagen, Cyclo sei einer der besten Filme über das moderne Vietnam. Die Geschichte eines Cyclo-Fahrers (das sind diese Fahrradtaxis) aus dem Saigon der 90er Jahre, der aus Verzweiflung sich einer Gang anschließt, und eines Gang-Anführers, der plötzlich Liebe und Mitgefühl entdeckt. Eine Geschichte über Leidenschaft, Gewalt und Aussichtslosigkeit im modernen Vietnam. So shocking realistisch, dass der Film hier nie gezeigt werden durfte. (Und trotzdem in gut sortierten DVD-Läden erhältlich ist. Wir sind schließlich in Vietnam.) Ich muss all… (more…)

Onkel Ho lebt

Dass Ho Chi Minh ein Mythos ist, ein unsterbliches Idol, haben wir ja schon geklärt. Heute wurde mir wieder bewusst, dass unsterblich in diesem Fall wörtlich zu nehmen ist. Jedenfalls bin ich daran gescheitert, in der Redaktion einzuführen, dass wir zumindest mal erwähnen, dass er der „ehemalige“ Präsident von Vietnam ist. Beziehungsweise: war. Gesprochen wird in den Nachrichten nämlich immer nur von „Präsident Ho Chi Minh“. Das könnte auf einige Deutsche etwas verwirrend wirken, denn Präsident ist nunmal eigentlich nicht… (more…)

Staunend im Stau

Vietnamesischer Straßenverkehr ist von einer Anarchie, die einen auch nach sechs Monaten noch staunen lässt. Einerseits hat das völlige Fehlen jeglicher Regeln etwas sehr liebenswürdiges: Jeder rechnet ständig damit, dass irgend etwas Seltsames passieren könnte, und passt dementsprechend auf. Was dazu führt, dass man ohne Probleme gegen die Einbahnstraße fahren kann. Was wiederum dazu führt, dass Einbahnstraßen nur auf dem Papier existieren. Diese Verkehrsorganisation (eigentlich verbietet sich das Wort ja von selbst) hat jedoch einen Nachteil, der einen regelmäßig in… (more…)