Monthly Archives: Juni 2007

Der Bettler

Man sieht in Hanoi eigentlich nicht besonders viele Bettler oder Obdachlosen. Vor allem nicht im Vergleich zu manch anderen südostasiatischen Städten. Aber es gibt sie. An einer Seitenmauer des Literaturtempels lag heute Morgen noch gegen 11 Uhr ein Obdachloser und schlief. E lag dort in kurzen Hosen und mit Plastiksandalen. Anstelle eines Oberteils trug er er nur eines der dünnen, billigen Plastikregencapes, in durchsichtig-blauer Farbe. Das allerdings war noch immer nass, denn es hatte die ganze Nacht über geregnet. Sein… (more…)

Guten Morgen lieber Tag

Man behält sich als Europäer gewisse Gewohnheiten bei, die man erst bemerkt, wenn sie auf einmal nicht mehr zur Umgebung passen. Beispiel: Die Tür öffnen, um frische Luft hinein zu lassen. In einem Zimmer mit Klimaanlage kommt in Hanoi alles herein, wenn man das Fenster öffnet, aber sicherlich keine frische Luft. Meistens ist sie ziemlich warm und zäh. Heute morgen war sie ungewohnt kühl (aber immer noch wärmer als die angeblichen 23 Grad Raumtemperatur der Klimaanlage) – und sie führte… (more…)

Inflation an der Imbissbude

Vietnam erwartet für dieses Jahr eine Inflation von sieben Prozent. Das heißt, eigentlich hofft die Regierung auf eine Inflation von unter sieben Prozent, zumindest aber unterhalb des Wirtschaftswachstums (das wiederum bereits auf 8,5 Prozent prognostiziert wird). In einem Anflug von Überresten der Planwirtschaft werden solche Zahlen normalerweise bereits zu Anfang des Jahres „verkündet“. Meist mit den Worten: „Vietnams Wirtschaft wird dieses Jahr xy erreichen. Dies hat das Wirtschaftministerium erklärt.“ Vor den Doi-Moi-Reformen 1986 hatte die Inflation übrigens mal etwa 770… (more…)

A prospos Schwimmen

Die meisten Vietnamesen können nicht schwimmen. Vor allem: Die meisten Vietnamesinnen können offenbar nicht schwimmen. Das Schwimmbad war voller Pärchen, bei denen der männliche Teil dem weiblichen versuchte zu erklären, wie man schwimmt. Wenn man die Vietnamesinnen fragt, warum sie nicht schwimmen können, dann lautet die Antwort beispielsweise: „Ich habe Angst vor dem Wasser.“ Was natürlich eigentlich nicht die Antwort ist, sondern die Folge davon. Die wahre Antwort ist dagegen völlig logisch, wenn man sich mal überlegt, warum Europäer ins… (more…)

Schwimmbad

Ich musste zugegebenermaßen etwas suchen. Die Schwimmbäder, die ich in den vergangenen Wochen gefunden habe, hatten alle das Problem, dass das Wasser etwa Körpertemperatur hatte, und außerdem voller plantschender Menschen war, so dass man keine zehn Meter geradeaus schwimmen konnte. Was eh dadurch erschwert wurde, dass manche davon nicht mal zehn Meter geradeaus führten. Ich habe es aber jetzt gefunden. Es ist ein Traum. Der „Sau-Mai“-Pool, auf der Tay Ho Halbinsel des Westsees. Offiziell gehört er zu einem Bezirk mit… (more…)

Fünf, zwölf, einundzwanzig…

Wenn man weit, weit weg lebt von Deutschland, dann verwandeln sich auf einmal ganz alltägliche Dinge in etwas surreale Details. Zum Beispiel Staunachrichten. Dank Internet kann man ja auch von Vietnam aus bequem Deutschlandfunk hören. Natürlich ein wenig zeitversetzt. Die „Informationen am Morgen“ kommen von 10 Uhr bis 14 Uhr (aber gut, das entspricht meinem Aufstehrhythmus eh besser), und die „Informationen am Abend“ kommen ab 23 Uhr. Passt auch. Und es kommen die Staunachrichten. Ich muss nur zugeben, dass mich… (more…)

Sprachverwirrung

Vietnamesisch zeichnet sich normalerweise dadurch aus, alles in einzelnen Silben zu schreiben. (Obwohl manche Sprachwissenschaftler argumentieren, dass es in Wirklichkeit gar keine Einsilben-Sprache sei.) Kambodscha heißt hier Cam Pu Chia und Indonesien heißt In Do Ne Xi A. Dagegen sind europäische Sprachen ja imstande, Wörter wie Toilettenhinweisschild zu bilden. Nun ist auf oben gezeigtem Toilettenhinweisschild alles anders als gewohnt. Auf Vietnamesisch heißt der Hinweis nicht, wie gewohnt „Nha Ve Sinh“ (was übrigens sinngemäß „Haus W C“ heißt), sondern „Nhavesinh“. Und… (more…)

Professor Dr. Brinkmann?

Mich hat ein Mopedfahrer erwischt. Nichts schlimmes, nur ein dicker Bluterguss am linken Fuß. Was halt so passiert, wenn zwei Mopeds zu nah aneinander vorbeifahren. Beziehungsweise: Ein frecher überholender Mopedfahrer zu dicht am anderen vorbeifährt. Manchmal hat man aber auch Glück. Denkt man. Unfall keine hundert Meter vom Krankenhaus entfernt. Einem vietnamesischen Krankenhaus, aber einem richtig großen, neuen, modernen. So groß, dass man sich fragt, wo in dem umliegenden Viertel die ganzen kranken Leute herkommen sollen. Also: Selbst für deutsche… (more…)

Die Milch macht’s

Das ist Vinamilch. Natürlich wieder ein Staatsbetrieb. Größter und wichtigster Milchproduzent Vietnams. Man sollte vielleicht besser „Milchwaren“ sagen, denn aus Milch selbst machen sich die meisten hier ja nichts. Eine Tüte Vinamilch kostete vor einigen Wochen noch 14.000 Dong. Dann verschwanden auf einmal die alten Tüten, und die Tüte auf der rechten Seite erschien. Mit neuer Grafik. Und es stand groß und breit „100%“ drauf, und daneben war so ein grünes Markenzeichen. Und die neue Tüte kostete 16.000 Dong. Wohlgemerkt:… (more…)

Todestag

Europäer feiern Geburtstag, Vietnamesen nicht. Höchstens die jüngeren. Und wenn, dann wird es eine kleine Feier. Stattdessen wird gefeiert: Todestag. Aber so richtig. So, dass die Familie das gesamte Wohnzimmer freiräumt, damit alle Verwandte hinein passen. Und das nennt man dann den „engeren Kreis der Familie“. Gegessen und gefeiert wird auf dem Boden. Gestorben heute an diesem Tag war der Großvater. Der einzige Unterschied zu einer europäischen Geburtstagsfeier bestand eigentlich nur darin, dass der Jubilant nicht persönlich anwesend sein konnte.