Der Schimmelreiter

Ich war zwei Wochen in Deutschland. Zu einer ungünstigen Zeit. Stammleser werden sich erinnern, dass der April in Vietnam der Schimmelmonat ist, nachzulesen in meinem allerersten Beitrag hier und dann wiederkehrend hier und hier. (Da sieht man mal, wozu ein Blog alles nützlich sein kann, im Nachhinein weiß ich jetzt, dass ich mich in den vergangenen Jahren immer so zwischen dem 15. und dem 25. April über Schimmel beschwert habe). Zwei Wochen zur Schimmel-Hoch-Zeit nicht in der Wohnung zu sein,… (more…)

Vietnam 151

Meinen Lesern wird aufgefallen sein, dass es hier in der Vergangenheit einige Male Funkstille gab. Zum Beispiel stammt aktuell der letzte Beitrag vom Februar, also vor beschämenden zehn Wochen. Stammleser werden sich eventuell daran erinnern, dass es auch im Sommer 2012 einmal eine längere Schweigephase gab. Das hatte einen Grund. Er sieht so aus: Ich habe in dieser Zeit an einem Buch geschrieben, das seit vergangener Woche erschienen ist. „Erschienen“ heißt, man kann es zum Beispiel bei Amazon oder anderen… (more…)

Entfernung, Service und Flughäfen

Hier war eine Woche lang Ruhe, weil ich die vietnamesischen Neujahrsfeiertage genutzt habe, um wie so viele Ausländer (und mittlerweile auch jedes Jahr immer mehr Vietnamesen) das feiertagsstillgelegte Land für einen Kurzurlaub zu verlassen. Idealerweise sucht man sich dazu ein Land, in der chinesische Neujahrskalender nicht gilt. Also buddhistische Nachbarländer wie Laos, Kambodscha oder Thailand. Alternativ funktionieren auch modern-geschäftstüchtige Länder wie Singapur, bei denen die Neujahrsfeierlichkeiten nur einen halben Tag dauern. Ich hatte mich dieses Jahr für Bali entschieden. Da… (more…)

Und es war Sommer

Tet ist eigentlich wettermäßig als graue, feuchte Zeit bekannt. Tet-Wetter ist Frühlingswetter, mit dem vietnamesischen Neujahr beginnt offiziell auch der Frühling (selbst wenn Tet manchmal schon Mitte Januar stattfindet), und der Frühling ist in Vietnam eine sehr nassfeuchte Angelegenheit: Nieselregen, Wolkenschleier, Schimmel im Haus. Frühjahrsputz bedeutet unter anderem auch, mal durch alle Schränke zu gehen, ob irgendwo in der hinteren Ecke nicht vielleicht gerade eine Hose oder ein altes Paar Schuhe schimmeln. Wie das aber mit dem Wetter so ist:… (more…)

Noch ein paar Tage Wahnsinn

Am Wochenende beginnt das vietnamesische Neujahr. Wir befinden uns also aktuell mal wieder in der Phase „wenige Tage vor Neujahr“, auch anders bekannt als „Alltäglicher Wahnsinn“. Die Straßen sind selbst außerhalb der Stoßzeiten komplett dicht, weil alles unterwegs ist, um einzukaufen, vorzubereiten, Besuche zu machen. Die Geschäfte sind voll, alle Termine in allen Büros restlos belegt. Die Familien sind im Stress. Es ist Ausnahmezustand. Noch ein paar Tage. Dann kehrt die große Ruhe ein. Zumindest oberflächlich. Denn mir gegenüber haben… (more…)

Tiere, Krieg und Fleisch

„In vietnamesischen Städten gibt es fast keine Tiere. Das liegt daran, dass die Vietnamesen alle Arten von Tieren essen. Fleischkonsum macht gewalttätig. Deswegen war Vietnam in viel mehr Kriege verwickelt, als zum Beispiel die buddhistischen Nachbarn Laos und Kambodscha, in denen überwiegend vegetarisch gegessen wird.“ Diese wilde Aneinanderreihung von Thesen vertritt der amerikanische Journalist Joel Brinkley in einer Kolumne für die Chicago Tribune. Die ineinanderverschachtelte Logik der einzelnen Sätze ist, um es freundlich zu sagen, haarsträubend. Das ist umso ärgerlicher,… (more…)

Sonntags keine Hausbesuche

Das Konzept des „Sonntags“ hat sich für mich seit meiner Ankunft hier in Vietnam ein wenig verflüchtigt. Sonntags sind Behörden geschlossen, und die meisten Büros und Firmen auch, das schon. Aber Sonntag in Vietnam, das ist die Zeit für Einkäufe, für Großeinkäufe sogar, es ist die Zeit, in der man sich die Handwerker ins Haus holt (weil man sie unter der Woche nicht beaufsichtigen kann) oder andere wichtige Dinge tut. Sonntag ist, was Dienstleistungen und Konsum angeht, ein ganz normaler… (more…)

Zu wenig Platz

Twitter ist ein Medium, das bislang in Vietnam noch überhaupt nicht angekommen ist. In der Onlinekommunikation fristet Twitter ein Nischendasein, das höchstens von kleineren Interessengruppen genutzt wird, darunter von der ausländischen Gemeinschaft in Vietnam, die beispielsweise Veranstaltungshinweise über Twitter austauschen. Auch einige vietnamesische Musikliebhaber scheinen über Twitter zu kommunizieren. Die Medien, die Blogger-Szene und die meisten anderen internetaffinen Vietnamesen aber nutzen stattdessen Facebook für Diskussion, Austausch und kurze Nachrichten. (Die lästigen Facebook-Blockaden sind mittlerweile bei fast allen Internetprovidern Vergangenheit, vereinzelt… (more…)

„Die kommen vorbei…“

Mein Handy-Vertrag ist ein Monatsvertrag. Jeden Monat muss ich zu einer Filiale meines Telefonanbieters gehen, und die Rechnung bezahlen. Andernfalls wird das Telefon gesperrt, bis ich das Geld überreicht habe. Ich könnte das ganze auch online machen, dazu bräuchte ich aber ein Online-Konto bei einer vietnamesischen Bank, und bislang war ich, zugegeben, zu bequem dafür. Als ich das gestern kurz im Büro erwähnte, erklärte eine vietnamesische Mitarbeiterin überrascht: „Warum gibst du denen nicht deine Arbeitsadresse, damit sie das Geld abholen?“… (more…)

Leise Musik

Der monotone, immer ähnlich klingende „Viet Pop“ ist als Musik in Vietnam so allgegenwärtig, dass man gerne mal schnell vergisst, dass es auch ganz andere Songwriter gibt. Obwohl im vorliegenden Fall einige Leute widersprechen und sagen würden: So einen wie ihn gab es nur einmal. Am Sonntag ist in einem Krankenhaus in Ho-Chi-Minh-Stadt der 92-jährige Musiker Pham Duy verstorben. Duy war eine ganz besondere Figur der vietnamesischen Musikszene, ein Liedermacher, der gleichzeitig anrührend traditionelle und auf ihre Weise aufregend experimentelle… (more…)