Category Archives: Allgemein

Fahrstuhlstudium

Hanoi ist für eine Stadt ihrer Größe eine Stadt mit sehr wenigen Hochhäusern. Das ist, aus meiner ganz privaten Sicht, eine sehr schöne Sache, denn Hochhäuser tendieren dazu, alle gleich auszusehen. Das Fehlen der Hochhäuser gibt Hanoi einen ganz eigenen Charakter. Man merkt es allerdings auch an ganz anderer Stelle: Viele Vietnamesen haben keine Ahnung, wie ein Fahrstuhl funktioniert. Das merke ich unter anderem daran, weil ich in einem Haus mit Fahrstuhl wohne. Also sehr viel Fahrstuhlstudium betreiben kann. Und… (more…)

Rrrring, rrring!

Telefone sagen einem ja heutzutage, wer anruft. Zumindest, wenn man die Nummer vorher eingespeichert hat. Zum Beispiel sagt das Telefon dann auf dem Display hell und deutlich auf dem Display „Maria“ rufe an. Das ist auch logisch, denn zehn Minuten vorher hat man nämlich tatsächlich Maria selbst versucht zu erreichen, sie war aber nicht da. Also geht man ran, und sagt: „Hallo, Maria.“ Am anderen Ende der Leitung meldet sich ein Vietnamese mit: „Allo?“ (Vietnamesen sagen tatsächlich ‚Hallo‘, sie sind… (more…)

Hähnchen vietnamesisch

Ich habe heute ein ganzes Huhn im Backofen geröstet. Mit Apfel-Zwiebel-Füllung und viel Rosmarin. Das wäre natürlich an dieser Stelle nicht weiter erwähnenswert, denn das daraus entstandene Essen ist nun wahrlich nicht sonderlich vietnamesisch. Das Huhn hatte allerdings noch seinen kompletten Kopf. Ich habe auf mehreren Kochseiten im Internet, auf Ratgeber-Portalen und ähnlichem nachgeschaut, was immer halt so unter dem Stichwort „Huhn zerlegen“ herauskam, aber niemand in Deutschland oder Europa oder Amerika erklärt einem mehr, wie man von einem Huhn… (more…)

Asiatisches Domino

Die Domino-Theorie hat in der Liste der „Berühmten Ideen der Weltgeschichte“ nicht unbedingt den besten Ruf. Die Vorstellung, dass die USA den Krieg in Vietnam um jeden Preis gewinnen müssen, weil ansonsten alle umliegenden Länder wie Domino-Steine „kippen“ (also in die Hände kommunistischer Parteien fallen), liegt heute mehr oder weniger auf dem Schrotthaufen der Geschichte. Sie gilt entweder als halbseidener Vorwand der USA für den Krieg, oder, im besten Fall, zumindest als historisch widerlegt. Schließlich gewann Nordvietnam 1975 den Krieg,… (more…)

Im Krankenhaus

Die Großmutter ist ins Krankenhaus gekommen. Nicht schlimmes, glaubt ihre Familie. Ein Schwächeanfall einer schon über 90 jährigen Frau. Passiert, aber muss professionell gepflegt werden. So etwas wie „Besuchszeiten“ gibt es in Vietnam nicht. Besuchszeit ist immer. Seit Tagen sind zwei bis drei Familienangehörige am Bett der Großmutter und wachen darüber, dass sich die altersdemente Frau nicht die Kanülen aus dem Arm zieht. Im Raum stehen vier Betten, alle mit alten Frauen. Rund um alle vier Betten sind jeweils ein… (more…)

Schuld eindeutig

Der vietnamesische Verkehrsminister hat nichts zu lachen. Vor kurzem stand seine Familie über eine Stunde im Stau. Als Frau und Kinder nach Hause kamen, haben sie erst einmal ein Donnerwetter losgelassen: Er sei Schuld an diesem Schlamassel, er sei ja schließlich der Verkehrsminister, und Staus solcher Länge gingen ganz eindeutig auf sein Konto. Diese Episode erzählte der Minister in einem Interview mit Vietnamnet, was durchaus auf ein wenig Selbstironie schließen lässt. Außerdem erklärt er nebenbei, dass die wichtigste Lösung für… (more…)

Kino am Freitag

Eine vietnamesische Bekannte erzählte mir gestern, dass sie am Freitag endlich auch mal „Avatar“ im Kino anschauen werde. Der läuft hier schon eine Weile, war aber die ersten Wochen komplett ausgebucht. Dann schob sie hinterher: „Um zehn.“ 22 Uhr? Bei einem Film, der zwei Stunden dauert? In Hanoi? In Hanoi, wo man um zehn normalerweise schlafen geht? Ich hake also nach, und erfahre: „Nein, nein, natürlicht abends. Morgens. Zehn Uhr morgens.“ Musst du da nicht arbeiten? Gelächter auf Seiten meiner… (more…)

Reisen bildet

Man lernt ja nie so viel über seine eigene Heimat wie im Ausland. (Wobei das überraschendste an dieser Erkenntnis möglicherweise sein könnte, dass ich Vietnam jetzt schon als „Heimat“ bezeichne.) Ich war 10 Tage auf den Philippinen, unter anderem Freunde besuchen und an einer Hochzeit teilnehmen. Die Philippinen sind, so könnte man meinen, Vietnam sehr ähnlich. Schließlich ist es nicht weit. Ein paar Flugstunden über das Meer. In allen Geschichtsbüchern über „Südostasien“ stehen die Philippinen einträchtig neben Vietnam, Burma und… (more…)

Leere Regale

Ich bin wieder zurück. Als erstes nach einer Reise geht man meistens in den Supermarkt, um den leeren Kühlschrank wieder aufzufüllen. Wer eine Woche nach dem vietnamesischen Neujahr wieder in Hanoi ankommt, der sollte sich allerdings auf etwas gefasst machen: Die Supermärkte sehen so aus, als sei der Notstand ausgebrochen. Geleerte Regale, und plötzlich ungewohnt breite Gänge, weil die ganzen Stapel mit Sonderaktions-Krempel komplett weg sind. Es gibt natürlich noch Waren, so schlimm ist es nicht, aber beispielsweise keine frische… (more…)

Ehre den Gegenständen

Ich habe diese Woche gelernt, dass es in Vietnam eine Volksgruppe gibt, die der Meinung ist, auch Gegenstände hätten eine Seele. Ich habe jetzt leider vergessen welche, aber bei 53 Minderheitsgruppen kann man schon mal durcheinander kommen. Jedenfalls sind diese Menschen der Meinung, dass nicht nur sie ein Anrecht auf Neujahrsfeiern haben, sondern auch ihre wichtigsten Arbeitsgegenstände. Deswegen werden Hammer oder Pflug am Neujahr mit rotem Papier eingepackt, auf den Altar gelegt, und dürfen ein paar Tage „ruhen“. Das haben… (more…)